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Pygmalion

Von

An diesen Lippen, diesen Augen
Die Welt vergessend, hinzuhangen
Und aus den rosenroten Wangen
Des Lebens Ueberfluß zu saugen,
An dieses Busens reiner Fülle
Die Schmerzen meiner Brust zu wiegen
Und auf des Schoßes Fried und Stille
Mit tränenmüdem Haupt zu liegen,

Das war mein Wunsch – das ist mein Grämen –
Und soll mir doch kein Schicksal nehmen.

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Gedicht: Pygmalion von Jakob Michael Reinhold Lenz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Pygmalion“ von Jakob Michael Reinhold Lenz beschreibt in lyrischer Form die Sehnsucht und das unerfüllte Verlangen nach der vollkommenen Liebe und Nähe. Der Titel, der auf den mythologischen Bildhauer Pygmalion anspielt, der sich in seine eigene Schöpfung verliebte, deutet bereits auf ein Ideal hin, das im realen Leben unerreichbar scheint. Das Gedicht zeichnet ein Bild des Verlangens nach Vereinigung mit einer geliebten Person, nach körperlicher und emotionaler Nähe, und nach dem Vergessen der Welt in diesem Zustand.

Die ersten vier Verse entfalten die Sehnsucht nach dem intensiven Erleben der körperlichen Präsenz der Geliebten. Der Sprecher möchte sich an ihren Lippen und Augen festhalten, die Welt um sich herum vergessen und die Lebensfülle aus ihren Wangen „saugen“. Die Metapher des „Saugens“ deutet auf eine tiefe Verbundenheit und das Bedürfnis nach Hingabe und Verschmelzung. Die anschließenden Verse thematisieren die Suche nach Trost und Ruhe in der Nähe der Geliebten. Der Sprecher möchte seine Schmerzen an ihrer Brust wiegen und in der „Fried und Stille“ ihres Schoßes Ruhe finden.

Das Gedicht gipfelt in dem Widerspruch zwischen Wunsch und Realität. Der Sprecher fasst seinen Wunsch zusammen: „Das war mein Wunsch – das ist mein Grämen –“ und drückt damit das Wissen um die Unerfüllbarkeit seines Begehrens aus. Die Formulierung „mein Grämen“ deutet auf Schmerz, Leid und Enttäuschung hin, die aus dem Missverhältnis zwischen Wunsch und Wirklichkeit resultieren. Der letzte Vers, „Und soll mir doch kein Schicksal nehmen“, zeugt jedoch von einem trotzigen Festhalten an diesem Wunsch.

Die Verwendung von einfachen, direkten Worten und der klare Aufbau des Gedichts unterstreichen die Ehrlichkeit und Direktheit der Gefühle. Lenz verzichtet auf komplizierte sprachliche Bilder, um das zentrale Thema der Sehnsucht nach Liebe und Nähe für den Leser unmittelbar erfahrbar zu machen. Die Spannung zwischen dem tiefen Wunsch und der erkannten Unmöglichkeit macht das Gedicht zu einem ergreifenden Ausdruck menschlichen Leids und Sehnsuchts, eingebettet in eine romantische Vorstellung von Liebe.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.