Die wahre Ernte aller Dinge bleibt
Und blüht in hoher Luft wie lichte Zinken,
Das andere war nur da um wegzusinken.
Und irgendwie geheimnisvoll erträgt
Es unser Geist nur immer auszuruhen
Auf Gleitendem, wie die Meervögel tuen.
Die wahre Ernte aller Dinge bleibt
Und blüht in hoher Luft wie lichte Zinken,
Das andere war nur da um wegzusinken.
Und irgendwie geheimnisvoll erträgt
Es unser Geist nur immer auszuruhen
Auf Gleitendem, wie die Meervögel tuen.
Das Gedicht „An eine Frau“ von Hugo von Hofmannsthal reflektiert über die Vergänglichkeit und die wahre Essenz der Existenz. Es scheint sich an eine Frau zu richten, doch die angesprochene Person könnte auch ein Symbol für etwas Abstraktes oder eine Projektionsfläche für die eigenen Gedanken des Dichters sein. Die ersten beiden Zeilen etablieren einen zentralen Kontrast: zwischen dem Wesentlichen und dem Nichtigen. Die „wahre Ernte aller Dinge“ wird als etwas Dauerhaftes und Erhabenes dargestellt, als etwas, das in der „hohen Luft“ blüht, was Reinheit und Transzendenz suggeriert. Im Gegensatz dazu wird das „andere“ als etwas bezeichnet, das dazu bestimmt ist, „wegzusinken“, was die Vergänglichkeit und Unbeständigkeit des Irdischen hervorhebt.
Der zweite Teil des Gedichts beschäftigt sich mit der menschlichen Fähigkeit, mit der Vergänglichkeit umzugehen. Die Zeilen „Und irgendwie geheimnisvoll erträgt / Es unser Geist nur immer auszuruhen / Auf Gleitendem, wie die Meervögel tuen“ legen nahe, dass der Mensch in der Lage ist, inmitten des Vergänglichen Ruhe zu finden. Der Vergleich mit Meervögeln, die auf dem unbeständigen Wasser ruhen, ist besonders aussagekräftig. Diese Vögel haben sich dem Fließen und der Bewegung angepasst und nutzen sie sogar zu ihrem Vorteil. So wird angedeutet, dass auch der menschliche Geist imstande ist, sich an die ständige Veränderung anzupassen und trotz allem eine innere Ruhe zu bewahren.
Die Metaphorik in dem Gedicht ist subtil, aber wirkungsvoll. Die „hohe Luft“ und die „lichte Zinken“ der „wahren Ernte“ stehen im Kontrast zu dem, was „wegzusinken“ bestimmt ist. Dieses Gegensatzpaar symbolisiert die Unterscheidung zwischen dem Ewigen und dem Zeitlichen, zwischen dem Wesentlichen und dem Oberflächlichen. Der Vergleich mit den Meervögeln ist ein zentrales Bild, das die Fähigkeit des Geistes zur Anpassung und zur inneren Ruhe trotz der Unbeständigkeit der Welt veranschaulicht. Es ist ein Bild der Akzeptanz und der Fähigkeit, inmitten des Wandels einen Zustand der Ruhe zu finden.
Insgesamt ist das Gedicht eine Meditation über das Wesen der Existenz und die menschliche Fähigkeit, mit der Vergänglichkeit umzugehen. Es spricht die Notwendigkeit an, das Wahre und Bleibende von dem Flüchtigen und Oberflächlichen zu unterscheiden. Durch die Bilder der „hohen Luft“ und der „Meervögel“ bietet Hofmannsthal eine tröstliche Botschaft: dass der Mensch trotz der ständigen Veränderung der Welt einen Ort der Ruhe und des Verständnisses finden kann. Es ist ein Gedicht, das zum Nachdenken über die Natur der Realität und die innere Welt des Menschen anregt.
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