Der Träumende
Blaugrüne Nacht, die stummen Farben glimmen.
Ist er bedroht vom roten Strahl der Speere
Und rohen Panzern? Ziehn hier Satans Heere?
Die gelben Flecke, die im Schatten schwimmen,
Sind Augen wesenloser großer Pferde.
Sein Leib ist nackt und bleich und ohne Wehre.
Ein fades Rosa eitert aus der Erde.
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Der Träumende“ von Jakob van Hoddis zeichnet sich durch seine düstere, albtraumhafte Bildsprache aus und erweckt den Eindruck einer apokalyptischen Vision, in der der Traumende in einer von Gewalt und Bedrohung geprägten Welt gefangen ist. Die „blaugrüne Nacht“ und die „stummen Farben“, die „glimmen“, schaffen ein Bild der Entfremdung und des Unwirklichen, das den Leser in eine unheimliche, fast surreale Atmosphäre versetzt. Die Nacht wird hier nicht als friedlich, sondern als eine bedrohliche, fremde Entität dargestellt, deren Farben eine gespenstische Präsenz annehmen.
Der „rote Strahl der Speere“ und die „rohen Panzer“ verweisen auf eine kriegerische, zerstörerische Gewalt, die den Träumenden bedroht. Die Frage „Ist er bedroht?“ stellt eine existenzielle Unsicherheit dar, als ob der Träumende sich in einem Zustand der Ohnmacht befindet, unfähig, der äußeren Bedrohung zu entkommen. Der Bezug auf „Satans Heere“ verstärkt die Vorstellung von einer apokalyptischen oder dämonischen Bedrohung, die von unkontrollierbaren Mächten ausgeht. Diese düsteren Bilder könnten die innere Angst oder den psychischen Konflikt des Träumenden widerspiegeln.
Die „gelben Flecke“, die „im Schatten schwimmen“, und die „Augen wesenloser großer Pferde“ verstärken das unheimliche Gefühl von Bedrohung und Entfremdung. Die Augen der Pferde sind „wesenlos“, was auf eine tiefe Unmenschlichkeit oder das Fehlen eines klaren Ziels und einer klaren Ordnung hindeutet. Es ist eine Welt ohne Klarheit, in der auch die Wahrnehmung der Dinge – wie die gelben Flecken – in einem Zustand der Verwirrung und Unschärfe existiert. Die Beschreibung des Körpers des Träumenden als „nackt und bleich und ohne Wehre“ verstärkt das Gefühl der Hilflosigkeit und Verwundbarkeit, als ob er schutzlos einer dunklen, bedrohlichen Welt ausgesetzt ist.
Das Bild des „fades Rosas“, das „aus der Erde eitert“, rundet das apokalyptische Bild ab. Das „Eitern“ symbolisiert Verfall und Verwesung und verstärkt die Vorstellung von einer Welt, die im Zerfall begriffen ist. Die Erde, die als Quelle dieses fauligen Phänomens dient, wird zu einem Ort der Verderbnis, der keinen Trost bietet. Insgesamt vermittelt das Gedicht ein starkes Bild von Angst, Bedrohung und innerer Leere. Der Träumende scheint in einer Welt gefangen zu sein, die von Gewalt, Chaos und Zerstörung beherrscht wird – eine düstere Vision der modernen Existenz.
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.