König Sommer
Nun fallen leise die Blüten ab,
Und die jungen Früchte schwellen.
Lächelnd steigt der Frühling ins Grab
Und tritt dem Sommer die Herrschaft ab,
Dem starken, braunen Gesellen.
König Sommer bereist sein Land
Bis an die fernsten Grenzen,
Die Ähren küssen ihm das Gewand,
Er segnet sie alle mit reicher Hand,
Wie stolz sie nun stehen und glänzen.
Es ist eine Pracht unterm neuen Herrn,
Ein sattes Genügen, Genießen,
Und jedes fühlt sich im innersten Kern
So reich und tüchtig. Der Tod ist so fern,
Und des Lebens Quellen fließen.
König Sommer auf rotem Roß
Hält auf der Mittagsheide,
Müdigkeit ihn überfloß,
Er träumt von einem weißen Schloß
Und einem König in weißem Kleide.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „König Sommer“ von Gustav Falke feiert den Sommer als eine Zeit des Überflusses, der Reife und des scheinbar unaufhaltsamen Lebens. Es ist ein Loblied auf die Fülle der Natur, dargestellt durch die Metapher eines Königs, der sein Reich, die Natur, bereist und segnet. Die Ersetzung der Frühling durch den Sommer durchbricht die vertraute Abfolge der Jahreszeiten, wodurch ein Übergang von Zartheit zu Stärke und Reife markiert wird.
Das Gedicht ist in drei klar erkennbaren Abschnitten aufgebaut, die jeweils eine andere Facette des Sommers beleuchten. Der erste Teil beschreibt den Übergang vom Frühling zum Sommer, wobei der Frühling sanft „ins Grab“ steigt, um dem „starken, braunen Gesellen“ Platz zu machen. Dieser Wechsel wird durch das Bild der fallenden Blüten und der wachsenden Früchte symbolisiert, was die fruchtbare Phase des Jahres verdeutlicht. Im zweiten Abschnitt wird der Sommer als gütiger Herrscher dargestellt, der sein Land bereist und die reiche Ernte segnet. Die „Ähren“ stehen für die Fülle der Ernte und die Segnung durch den König symbolisiert den Überfluss und die Harmonie der Natur.
Der dritte Teil des Gedichts nimmt eine Wendung, die eine subtile Andeutung des Endes, des kommenden Herbstes, enthält. Die Beschreibung des „sattes Genügen, Genießen“ und des „Tod(es), der so fern“ scheint die Vergänglichkeit des Lebens zu verdrängen. Der König träumt von einem „weißen Schloß / Und einem König in weißem Kleide“. Diese Bilder lassen auf eine Veränderung oder einen Übergang in eine neue Phase schließen. Die Farbe „weiß“ impliziert Klarheit, Reinheit oder sogar Kälte, was auf den bevorstehenden Winter hindeuten könnte.
Falkes Gedicht ist ein schönes Beispiel für Naturlyrik, das die Schönheit und den Überfluss der Natur feiert, während es subtil auf die Vergänglichkeit des Lebens und die stete Veränderung hinweist. Die Verwendung von Metaphern und Personifikationen verleiht dem Gedicht eine lebendige und anschauliche Qualität, die den Leser in die Welt des Sommers eintauchen lässt und gleichzeitig zum Nachdenken über die Zyklen des Lebens anregt. Die scheinbar unbeschwerte Darstellung des Sommers erhält durch die letzten Verse eine melancholische Note, die an die unaufhaltsame Veränderung und den Kreislauf der Jahreszeiten erinnert.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.