Die Kinder schlummern
Die Kinder schlummern in den Kissen,
Weich, weichen Atems, nebenan,
Ein Traum vom heutigen Tag, und wissen
Nicht was mit diesem Tag verrann.
Wir aber fühlen jede Stunde,
Die uns mit leisem Flügel streift
Und wissen, daß im Dämmergrunde
Der Zeit uns schon die letzte reift.
Wir sitzen enggeschmiegt im Dunkeln.
So träumt sich′s gut. Und keines spricht.
Durchs Fenster fällt ein Sternenfunkeln,
Vom Ofen her ein Streifchen Licht.
Einmal, im Schlaf, lacht eines der Kleinen
Ganz leis. Was es wohl haben mag?
Springt es mit seinen kurzen Beinen
Noch einmal fröhlich durch den Tag?
Ein Mäuschen knabbert wo am Schragen,
Knisternd verkohlt ein letztes Scheit,
Die alte Uhr hebt an zu schlagen –
Da sprichst du leis: „Komm, es ist Zeit!“
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Die Kinder schlummern“ von Gustav Falke beschreibt eine kontemplative Szene der Stille und Vergänglichkeit. Es kontrastiert die Unbeschwertheit des kindlichen Schlafs mit der bewussten Wahrnehmung der Erwachsenen vom Vergehen der Zeit und der nahenden Endlichkeit. Das Gedicht ist in vier Strophen aufgebaut, die jeweils eine eigene Facette dieser Gegenüberstellung beleuchten.
In den ersten beiden Strophen wird die friedliche Ruhe der schlafenden Kinder den erwachenden Gefühlen der Erwachsenen entgegengestellt. Die Kinder sind in ihren Kissen geborgen, während ihre Träume von den Ereignissen des Tages gefärbt sind. Die Erwachsenen hingegen sind sich der flüchtigen Natur der Zeit bewusst, die sie als leises Streifen wahrnehmen. Sie spüren, wie jede Stunde verstreicht und wie sich die letzte Stunde im „Dämmergrunde“ bereits nähert. Diese Kontrastierung von Unschuld und Bewusstsein ist zentral für die Thematik des Gedichts.
Die dritte Strophe vertieft die intime Atmosphäre, die durch die physische Nähe der Erwachsenen und das spärliche Licht erzeugt wird. Die Dunkelheit verstärkt die innere Einkehr und ermöglicht das Träumen. Ein Sternenfunkeln am Fenster und ein Lichtstreif vom Ofen schaffen eine warme, behagliche Umgebung. Dieser Abschnitt führt zu einer Art inneren Reflexion, in der die Erwachsenen die Schönheit und Vergänglichkeit des Augenblicks wahrnehmen.
Die vierte und letzte Strophe bricht mit der Stille durch das Lachen eines Kindes im Schlaf. Dies wirft die Frage nach den Träumen und der Unbeschwertheit der Kindheit auf. Das Knistern eines letzten Holzscheits und das Schlagen der Uhr unterstreichen das Verstreichen der Zeit. Der Satz „Komm, es ist Zeit!“ am Ende des Gedichts deutet auf ein finales Abschiednehmen oder eine Vorbereitung auf das Ende, wodurch die Thematik der Vergänglichkeit und des Bewusstseins für die Zeit nochmals verstärkt wird. Es impliziert einen Übergang, sei er physisch oder metaphorisch, und unterstreicht die melancholische, aber auch tröstliche Botschaft des Gedichts.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.