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Auf der Straßenbahn

Von

Wie der Wagen durch die Kurve biegt,
Wie die blanke Schienenstrecke vor ihm liegt:
Walzt er stärker, schneller.

Die Motore unterm Boden rattern,
Von den Leitungsdrähten knattern
Funken.

Scharf vorüber an Laternen, Frauenmoden,
Bild an Bild, Ladenschild, Pferdetritt, Menschenschritt –
Schütternd walzt und wiegt der Wagenboden,
Meine Sinne walzen, wiegen mit!:
Voller Strom! Voller Strom!

Der ganze Wagen, mit den Menschen drinnen,
Saust und summt und singt mit meinen Sinnen.
Das Wagensingen sausebraust, es schwillt!
Plötzlich schrillt
Die Klingel! –
Der Stromgesang ist aus –
Ich steige aus –
Weiter walzt der Wagen.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Auf der Straßenbahn von Gerrit Engelke

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Auf der Straßenbahn“ von Gerrit Engelke fängt die dynamische und sinnliche Erfahrung einer Straßenbahnfahrt ein. Es beginnt mit der Beschreibung der Bewegung des Wagens, der sich durch die Kurven schiebt und die Schienen entlangrollt. Die Verwendung von Verben wie „biegt“, „walzt“ und „wiegt“ erzeugt ein Gefühl der Bewegung und des Rhythmus. Die Beschreibung der Maschine mit ihren „Motoren“, „Leitungsdrähten“ und „Funken“ vermittelt eine moderne, technisierte Atmosphäre. Die Sprache ist prägnant und direkt, wodurch die Hektik und das Tempo der Fahrt lebendig werden.

Im Mittelteil des Gedichts wird die Wahrnehmung des Erzählers von der Fahrt intensiviert. Er nimmt die vorbeiziehenden Bilder wahr – „Laternen, Frauenmoden, Bild an Bild, Ladenschild, Pferdetritt, Menschenschritt“ – und verbindet diese mit den Vibrationen des Wagens. Die Metapher „Meine Sinne walzen, wiegen mit!“ zeigt, wie die Geschwindigkeit und Bewegung des Wagens seine eigenen Sinne erfasst und in den Strom der Fahrt einbezieht. Der Ausruf „Voller Strom! Voller Strom!“ drückt die überwältigende und energetische Natur des Erlebnisses aus. Die Wiederholung verstärkt die Intensität und das Gefühl der völligen Aufgehens in der Erfahrung.

Die letzten Verse bringen eine Wendung in der Darstellung. Der Erzähler verbindet sich mit der gesamten Straßenbahn, einschließlich der anderen Menschen und der Geräusche: „Saust und summt und singt mit meinen Sinnen.“ Das „Wagensingen“ wächst an, bis die Klingel plötzlich ein Ende dieser Erfahrung signalisiert. Der Moment des Aussteigens markiert das Ende des Eintauchens in die Fahrt. Der letzte Vers, „Weiter walzt der Wagen“, betont die Unaufhaltsamkeit des Lebens und der Bewegung, die auch nach dem Aussteigen des Erzählers fortbesteht.

Engelkes Gedicht fängt auf eindrucksvolle Weise die moderne Erfahrung der Großstadt ein. Es geht nicht nur um die Beschreibung einer Fahrt, sondern um die Übertragung der sinnlichen Eindrücke, die durch die Geschwindigkeit und die Umgebung entstehen. Die Verwendung von Klangmalerei („knattern“, „sausebraust“) und das Zusammenspiel von Bewegung und Rhythmus verstärken die Lebendigkeit des Gedichts. Durch die Beobachtung der äußeren Bewegung und die innere Reaktion des Erzählers vermittelt das Gedicht ein Gefühl der Dynamik, des Aufbruchs und des Vergessens in der schnelllebigen Umgebung des frühen 20. Jahrhunderts.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.