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An einen Maler

Von

Willst du den Stolz für alle kenntlich malen,
So laß den Muth ihm aus den Augen strahlen!
Sein Blick sei Hohn: ein Trotz, der herrisch droht,
Krümm′ ihm den Mund, färb′ ihm die Wangen roth:
Er spiegle sich, voll Freude sich zu sehen:
Es mag ein Pfau ihm steif zur Seite stehen:
Und fehlt ihm ja noch was an Aehnlichkeit,
So gib ihm Calchas Kropf, und Wanst, und Priesterkleid!

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Gedicht: An einen Maler von Friedrich von Hagedorn

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „An einen Maler“ von Friedrich von Hagedorn ist eine satirische Anleitung, wie man den Stolz in einem Porträt bildlich darstellt. Der Autor wendet sich direkt an einen Maler und gibt ihm detaillierte Anweisungen, wie er die Merkmale des Stolzes im Gesichtsausdruck und der Erscheinung der abgebildeten Person wiedergeben soll. Das Gedicht ist in Reimform verfasst und nutzt lebhafte Bilder, um die überhebliche Natur des Stolzes zu veranschaulichen.

Der Dichter beginnt mit dem Aufruf, den Stolz durch den Blick des Porträtierten erkennbar zu machen. Der „Muth“ soll aus den Augen strahlen, die „Hohn“ ausstrahlen. Dies deutet auf eine selbstgefällige und überlegene Haltung hin. Die Anweisungen umfassen dann weitere körperliche Merkmale: ein „Trotz, der herrisch droht“, ein gekrümmter Mund und gerötete Wangen. Die Verwendung des Wortes „droht“ verstärkt den negativen Aspekt des Stolzes, indem sie eine aggressive oder abweisende Qualität hinzufügt. Hagedorn malt hier das Bild eines Menschen, der von sich selbst eingenommen ist und andere verachtet.

In der zweiten Hälfte des Gedichts werden weitere Elemente hinzugefügt, um die Karikatur des Stolzes zu verstärken. Die Freude am eigenen Aussehen, das „volle Freude sich zu sehen“, unterstreicht die Eitelkeit des Porträtierten. Der Vergleich mit einem Pfau, der „steif zur Seite stehen“ soll, ist eine klare Anspielung auf die prunkvolle Selbstdarstellung und die Aufgeblasenheit des Stolzes. Falls die Ähnlichkeit noch unzureichend ist, empfiehlt der Autor, dem Porträtierten den Kropf, den Wanst und das Priesterkleid des Calchas hinzuzufügen, um die Lächerlichkeit und die übertriebene Darstellung weiter zu verstärken.

Die Verwendung von Calchas, einem Priester der griechischen Mythologie, ist besonders bezeichnend. Calchas war bekannt für seine Fähigkeit, die Zukunft vorherzusagen, was hier ironisch verwendet wird, um die Selbstgefälligkeit des Porträtierten zu betonen, der sich möglicherweise als etwas Besonderes oder Erhabenes betrachtet. Das Gedicht ist somit eine bissige Kritik an der Eitelkeit und dem übersteigerten Selbstbewusstsein und zeigt auf, wie diese Eigenschaften durch gezielte künstlerische Mittel visualisiert werden können. Hagedorn nutzt eine humorvolle und übertreibende Sprache, um seine satirische Botschaft zu vermitteln und den Leser zum Nachdenken über die menschliche Natur anzuregen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.