Meeresleuchten
Aus des Meeres dunklen Tiefen
Stieg die Venus still empor,
Als die Nachtigallen riefen
In dem Hain, den sie erkor.
Und zum Spiegel, voll Verlangen,
Glätteten die Wogen sich,
Um ihr Bild noch aufzufangen,
Da sie selbst auf ewig wich.
Lächelnd gönnte sie dem feuchten
Element den letzten Blick,
Davon blieb dem Meer sein Leuchten
Bis auf diesen Tag zurück.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Meeresleuchten“ von Friedrich Hebbel ist eine poetische Betrachtung über die Entstehung des Meeresleuchtens und die Vergänglichkeit der Schönheit. Es erzählt die mythische Geschichte der Geburt der Venus aus dem Meer und verbindet diese mit der Erklärung für das geheimnisvolle Leuchten des Ozeans. Die Struktur des Gedichts ist klar in zwei Strophen gegliedert, wobei jede Strophe eine eigene kleine Szene beschreibt, die aber ineinandergreifen.
Die erste Strophe beschreibt den Aufstieg der Venus aus den Tiefen des Meeres, begleitet vom Gesang der Nachtigallen. Die Atmosphäre ist romantisch und idyllisch. Die Nachtigallen, als Boten der Liebe und Schönheit, untermalen die Ankunft der Göttin. Der Ort, „der Hain, den sie erkor“, deutet auf eine bewusste Entscheidung und eine Verbindung zwischen Venus und der natürlichen Welt hin. Die Verwendung des Wortes „stieg“ betont den majestätischen Charakter des Ereignisses und die Erhebung der Venus aus der Dunkelheit.
Die zweite Strophe konzentriert sich auf die Reaktion des Meeres auf die Erscheinung der Venus. Die Wellen, „voll Verlangen“, glätten sich, um ihr Bild widerzuspiegeln, doch die Göttin verschwindet dann. Der Abschied der Venus von dem feuchten Element hinterlässt ein Vermächtnis: das Leuchten des Meeres. Dieses Leuchten wird als das letzte Geschenk der Venus interpretiert, ein Andenken an ihre Schönheit und ihre Präsenz. Der letzte Vers, „Bis auf diesen Tag zurück“, verleiht dem Gedicht eine zeitlose Qualität, indem er das Phänomen des Meeresleuchtens bis in die Gegenwart verortet.
Die Sprache des Gedichts ist bildreich und von einer klassischen Eleganz geprägt. Die Verwendung von Metaphern wie dem Spiegel und dem Leuchten des Meeres verstärkt die sinnliche Wahrnehmung und die romantische Atmosphäre. Das Gedicht ist eine Hommage an die Schönheit und die Vergänglichkeit, und es verwebt auf meisterhafte Weise Mythologie und Naturbeobachtung. Es feiert die Schönheit, die im Augenblick erstrahlt und einen ewigen Widerhall in der Natur findet.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.