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Erleuchtung

Von

In unermeßlich tiefen Stunden
Hast du, in ahnungsvollem Schmerz,
Den Geist des Weltalls nie empfunden,
Der niederflammte in dein Herz?

Jedwedes Dasein zu ergänzen
Durch ein Gefühl, das ihn umfaßt,
Schließt er sich in die engen Grenzen
Der Sterblichkeit als reichster Gast.

Da tust du in die dunkeln Risse
Des Unerforschten einen Blick
Und nimmst in deine Finsternisse
Ein leuchtend Bild der Welt zurück;

Du trinkst das allgemeinste Leben,
Nicht mehr den Tropfen, der dir floß,
Und ins Unendliche verschweben
Kann leicht, wer es im Ich genoß.

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Gedicht: Erleuchtung von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Erleuchtung“ von Friedrich Hebbel beschreibt einen Moment tiefgreifender Erkenntnis, ein Erfahren des universellen Geistes, der das menschliche Herz durchdringt. Die ersten vier Verse evozieren eine Zeit der inneren Not, des ahnungsvollen Schmerzes, in der die Seele empfänglich wird für das kosmische Feuer, das sich in ihr entzündet. Es ist ein Erwachen, ein Erkennen des Weltalls, das in das individuelle Herz gelangt und dort seinen Widerhall findet. Die tiefe Erfahrung, die in diesen Zeilen beschrieben wird, ist keine bloße intellektuelle Erkenntnis, sondern ein Gefühl, ein Empfinden, das das Wesen des Menschen ergreift und ihn in die Lage versetzt, die Welt in einer neuen, umfassenderen Weise zu erfahren.

Der zweite Abschnitt thematisiert die Transformation des Bewusstseins, das durch diese Erfahrung ausgelöst wird. Der universelle Geist, der in das Individuum eindringt, offenbart sich in der Sterblichkeit als höchster Gast. Das bedeutet, dass das Universum, das Unendliche, sich in der endlichen menschlichen Existenz manifestiert und diese erfüllt. Durch dieses Gefühl, das alles umfasst, wird das individuelle Dasein ergänzt und bereichert. Die „engen Grenzen der Sterblichkeit“ werden überwunden, indem die Erkenntnis des kosmischen Geistes die Begrenzung des menschlichen Seins sprengt und eine tiefere Verbindung zur Welt ermöglicht.

In den darauffolgenden Versen wird die konkrete Auswirkung dieser Erkenntnis beschrieben. Der Mensch wirft einen Blick in die „dunkeln Risse des Unerforschten“ und holt ein „leuchtend Bild der Welt zurück“. Diese Zeilen deuten auf eine Öffnung des Bewusstseins, ein Eindringen in die Geheimnisse des Seins. Die zuvor dunklen Risse, also die Bereiche des Unbekannten, werden durchdrungen, und das Individuum erhält ein neues, erhelltes Verständnis der Welt. Das „leuchtend Bild“ steht hier für die erhellte Perspektive, die durch die Erfahrung der Erleuchtung gewonnen wird.

Der letzte Abschnitt mündet in eine Verschmelzung des Individuums mit dem Universellen. Der Mensch trinkt nun „das allgemeinste Leben“, nicht mehr nur den „Tropfen“, der ihm zufiel. Er erfährt nicht mehr nur das individuelle, begrenzte Dasein, sondern das umfassende Leben des Kosmos. Diese Erfahrung ermöglicht es dem Individuum, ins „Unendliche“ zu verschweben, da es die Grenzen des Ichs überwunden hat. Wer diese Erfahrung im eigenen Selbst gemacht hat, kann sich leicht in das Unendliche auflösen, da die Trennung zwischen Individuum und Universum aufgehoben ist. Das Gedicht endet mit der Auflösung des Ichs in etwas Größerem, der Vereinigung mit dem Universellen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.