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Der Greis

Von

Bin ich wieder genesen und glaubte, sicher zu sterben?
Dank dir, gütiger Tod, daß du ein Umsehn mir noch
Wolltest vergönnen, ein letztes! Zu lange werd′ ich nicht zögern!
Einen einzigen Blick! Erde, wie bist du so schön!
Jene Träne ist längst getrocknet, die mir zuweilen
Deinen Zauber verhüllt, morgendlich glühst du mich an!
Drüben spielt mein Enkel! Den heiligen Funken des Lebens
Trat ich ab an das Kind! Fort nun! Er bleibt jetzt zurück!

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Gedicht: Der Greis von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Der Greis“ von Friedrich Hebbel ist eine tiefgründige Auseinandersetzung mit dem Alter, dem Tod und der Akzeptanz des Lebensendes. Es ist ein ergreifendes Bekenntnis, das von Dankbarkeit, Abschied und dem Weiterleben der nachfolgenden Generationen geprägt ist. Der Greis, der sich von einer Krankheit erholt hat, nimmt die Welt mit neuer Sensibilität wahr und verabschiedet sich von ihr, nachdem er die Schönheit der Erde und das Leben seines Enkels erblickt hat.

Der erste Teil des Gedichts drückt die Dankbarkeit des Greises für die geschenkte Zeit aus. Die Frage „Bin ich wieder genesen und glaubte, sicher zu sterben?“ offenbart eine Überraschung und gleichzeitig die Erkenntnis, dass sein Tod nur aufgeschoben wurde. Der „gütige Tod“ wird direkt angesprochen und für die gewährte „Umsehn“ gedankt, was die Wertschätzung für das Leben und die letzten Momente unterstreicht. Die Zeile „Einen einzigen Blick! Erde, wie bist du so schön!“ verdeutlicht die plötzliche und intensive Wahrnehmung der Schönheit der Natur, die den Greis nun im Angesicht des Todes noch stärker berührt.

Im zweiten Teil des Gedichts findet eine Rückschau statt. Die „Träne“, die „zuweilen“ den Blick verhüllt hatte, ist getrocknet. Diese Metapher deutet auf überwundene Trübsal und eine klarere Sicht auf das Leben hin. Die Sonne, die „morgendlich“ glüht, steht für einen neuen Anfang und die erneute Schönheit der Natur. Entscheidend ist die Beobachtung des Enkels, der „drüben spielt“. Hier zeigt sich die Akzeptanz des Greises, der den „heiligen Funken des Lebens“ an die nächste Generation „abtrat“.

Die letzten Zeilen des Gedichts sind von einer tiefen Ruhe und Loslösung geprägt. Der Greis ist bereit zu sterben, da er sein Leben gelebt und die Nachfolge gesichert hat. Die Worte „Fort nun! Er bleibt jetzt zurück!“ sind sowohl ein Abschied als auch eine Bestätigung der Weitergabe des Lebens. Hebbels Gedicht ist somit eine feierliche Verabschiedung, die die Zyklen des Lebens und Sterbens in den Mittelpunkt stellt und von der Hoffnung auf das Weiterleben in der nächsten Generation zeugt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.