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Zornige Sehnsucht

Von

Ich duld es nimmer! ewig und ewig so
Die Knabenschritte, wie ein Gekerkerter
Die kurzen vorgemeßnen Schritte
Täglich zu wandeln, ich duld es nimmer!

Ists Menschenlos – ists meines? ich trag es nicht,
Mich reizt der Lorbeer, – Ruhe beglückt mich nicht,
Gefahren zeugen Männerkräfte,
Leiden erheben die Brust des Jünglings.

Was bin ich dir, was bin ich, mein Vaterland?
Ein siecher Säugling, welchen mit tränendem,
Mit hoffnungslosem Blick die Mutter
In den gedultigen Armen schaukelt.

Mich tröstete das blinkende Kelchglas nie,
Mich nie der Blick der lächelnden Tändlerin,
Soll ewig Trauern mich umwolken?
Ewig mich töten die zornge Sehnsucht?

Was soll des Freundes traulicher Handschlag mir,
Was mir des Frühlings freundlicher Morgengruß,
Was mir der Eiche Schatten? was der
Blühenden Rebe, der Linde Düfte?

Beim grauen Mana! nimmer genieß ich dein,
Du Kelch der Freuden, blinkest du noch so schön,
Bis mir ein Männerwerk gelinget,
Bis ich ihn hasche, den ersten Lorbeer.

Der Schwur ist groß. Er zeuget im Auge mir
Die Trän, und wohl mir, wenn ihn Vollendung krönt,
Dann jauchz auch ich, du Kreis der Frohen,
Dann, o Natur, ist dein Lächeln Wonne.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Zornige Sehnsucht von Friedrich Hölderlin

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Zornige Sehnsucht“ von Friedrich Hölderlin ist ein Ausdruck des inneren Aufruhrs und der Unzufriedenheit des lyrischen Ichs mit seinem gegenwärtigen Zustand. Es artikuliert einen tiefen Wunsch nach Veränderung, nach dem Erleben von Herausforderungen und nach der Erringung von Ruhm und Anerkennung, die durch den Lorbeer symbolisiert werden. Das Gedicht zeichnet sich durch einen leidenschaftlichen Ton aus, der durch Ausrufe, rhetorische Fragen und die Verwendung von kraftvollen Bildern und Metaphern verstärkt wird.

Das Gedicht kann in mehrere Abschnitte unterteilt werden, die jeweils verschiedene Aspekte der Sehnsucht des lyrischen Ichs beleuchten. Der erste Abschnitt, der mit „Ich duld es nimmer!“ beginnt, drückt die Ablehnung der gegenwärtigen Lebensumstände aus, die als eintönig und unfrei empfunden werden. Die „Knabenschritte“ stehen für eine begrenzte, unaufregende Existenz. Der zweite Abschnitt reflektiert über die Natur dieser Einschränkung. Das lyrische Ich zweifelt an seinem Schicksal und sehnt sich nach Abenteuer, nach dem „Lorbeer“, der für Ruhm und heldenhafte Taten steht. Die Gefahren werden als notwendige Herausforderungen betrachtet, die die „Männerkräfte“ hervorbringen und die Brust des Jünglings erheben.

In den folgenden Strophen wird die Suche nach Erfüllung und die Ablehnung von Trost durch äußere Reize deutlich. Das lyrische Ich fragt nach seinem Platz in der Welt, vergleicht sich mit einem „siechen Säugling“, der von seiner Mutter gehalten und umsorgt wird. Es kann die Freuden des Lebens, wie das „blinkende Kelchglas“ oder den „Blick der lächelnden Tändlerin“, nicht genießen, da die „zornige Sehnsucht“ es gefangen hält. Die Natur mit all ihren Schönheiten, wie der „Morgengruß“ des Frühlings oder die Düfte der Linde, kann keine Befriedigung stiften.

Das Gedicht erreicht in der vorletzten Strophe seinen Höhepunkt, in dem das lyrische Ich einen Schwur ablegt. Es gelobt, die „Freuden“ nicht zu genießen, bis ihm „ein Männerwerk gelinget“ und er sich den „ersten Lorbeer“ errungen hat. Die Tränen im Auge zeigen die Ernsthaftigkeit und die emotionale Tiefe dieses Versprechens. Die letzte Strophe enthält eine Hoffnung auf Erfüllung und Glück, das mit dem Erreichen des Ziels einhergehen wird. Wenn der Schwur erfüllt ist, wird das lyrische Ich jubeln und die Natur mit ihrem Lächeln als Quelle der Freude erleben. Das Gedicht endet mit einem Ausblick auf ein erfülltes Leben, das durch Taten und den Erwerb von Ruhm und Anerkennung geprägt ist.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.