Kleiner Rat
Du wirst im Ehstand viel erfahren,
Was dir ein halbes Rätsel war;
Bald wirst du aus Erfahrung wissen,
Wie Eva einst hat handeln müssen,
Daß sie hernach den Kain gebar.
Doch, Schwester, diese Ehstandspflichten
Wirst du von Herzen gern verrichten,
Denn glaube mir, sie sind nicht schwer.
Doch jede Sache hat zwo Seiten:
Der Ehstand bringt zwar viele Freuden,
Allein auch Kummer bringet er.
Drum, wenn dein Mann dir finstre Mienen,
Die du nicht glaubest zu verdienen,
In seiner übeln Laune macht,
So denke, das ist Männergrille,
Und sag: Herr, es gescheh dein Wille
Bei Tag, und meiner in der Nacht.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Kleiner Rat“ von Wolfgang Amadeus Mozart gibt eine humorvolle und gleichzeitig tiefgründige Betrachtung des Ehelebens. Der Sprecher, vermutlich ein erfahrener Ratgeber, warnt die Empfängerin – wahrscheinlich eine junge Frau, die kurz vor der Ehe steht – vor den Herausforderungen des Ehestands. Die ersten Verse vergleichen die zukünftigen Erfahrungen der Frau mit der biblischen Geschichte von Eva, die durch ihre Handlungen den Fluch der Menschheit, symbolisiert durch ihren Sohn Kain, in die Welt brachte. Dies ist eine Anspielung auf die unbekannten und schwierigen Herausforderungen, die im Eheleben auf sie zukommen werden.
In den folgenden Zeilen stellt der Sprecher klar, dass diese Ehepflichten zwar anfangs als schwere Last erscheinen mögen, aber im Endeffekt nicht zu schwer sein werden. Der Rat, den der Sprecher gibt, ist jedoch durchzogen von einer pragmatischen Sicht auf die Ehe. Es ist eine Mischung aus den Freuden und den Prüfungen des ehelichen Lebens. Der Hinweis, dass der Ehemann sowohl Freuden als auch Kummer bringt, ist ein realistischer Blick auf die Partnerschaft, der die Realität der Ehe in all ihren Facetten zeigt.
Der abschließende Rat in den letzten Versen ist humorvoll und gleichzeitig weise: Wenn der Mann in schlechter Laune ist und die Frau sich ungerecht behandelt fühlt, soll sie nicht gleich aufbrausen, sondern mit Geduld und Akzeptanz reagieren. Die Zeilen „das ist Männergrille“ verweisen auf die oft wechselhafte Laune der Männer, die im Ehealltag mit einem gewissen Humor und einer gelassenen Haltung begegnet werden sollte. Die klare Aufteilung von „bei Tag“ und „meiner in der Nacht“ könnte symbolisch für die Balance und das Verständnis in einer Beziehung stehen, bei der jeder Partner seinen Raum hat und gleichzeitig die Harmonie bewahrt wird.
Mozart verbindet hier eine Mischung aus Weisheit, Humor und Lebensrealismus. Das Gedicht vermittelt eine humorvolle Einsicht in die komplexen Dynamiken einer Ehe, die sowohl Höhen als auch Tiefen mit sich bringt, und fordert die Frau auf, mit Geduld und Verständnis auf die Eigenheiten des Ehemanns zu reagieren. Der Humor und die Lockerheit des Gedichts machen es zugleich zu einer lehrreichen und unterhaltsamen Auseinandersetzung mit den Herausforderungen der ehelichen Partnerschaft.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.