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Wilhelm der lieben Mutter an ihrem Geburtstage

Von

Was bring ich denn in Deiner Kinder Reihn
O Mutter! Dir an Deinem Ehrentage?
Darf ich Dir wohl zum Angebinde weihn
Was heute ich im vollen Herzen trage?
Nein Du verschmähest nicht was ich gefühlt,
So nimm es hin, mög es Dir Freude bringen
Und mög es aufwärts zu dem Vater dringen
Der unsre Gute Mutter stets erhielt.

Oh! sieh wie fröhlich alles zu Dir dringt,
Wie sie Dir reichen ihre kleinen Gaben,
Wie glücklich jedes, daß es etwas bringt,
Wie glücklich sie sich dünken Dich zu haben.
Doch hast der Gaben schönste Du erblickt?
Die Liebe ist′s die Dir aus allen Blicken
Entgegendringt, das kindliche Entzücken
Das Dich und uns an diesem Tag beglückt.

Doch sag woher den tränenschweren Blick,
Der uns betrübt an unsrem Freudentage?
Ist nicht vollendet unsres Hauses Glück?
So stört uns noch der Mutter stille Klage?
Ist es Erinnerung was Dir das Auge trübt?
Gedenkst Du wohl an die, so früh geschieden,
Die schon enteilten zu dem ew′gen Frieden
Die Du so zärtlich alle hast geliebt?

Hernieder schwebten sie vom schönern Land
Sie stehen hier in ihrer Kinder Kreise,
Sie führen uns zur Mutter, Hand in Hand,
Und rings um Dich erblickst Du keine Waise;
Und leise lispeln sie Dir ihren Dank,
Daß Du bewahrtest, wie Du fest geschworen,
Die Kleinen, die sie nicht für sich geboren,
Und daß das Werk so herrlich Dir gelang.

Drum freut euch Kinder, freut euch und gedenkt
Daß wo der Stern der Gnade aufgegangen
Auch uns ein Licht der Liebe ward geschenkt,
Das mit so warmer Treue uns umfangen. –
Fest hoffen wir noch lange Dich zu sehn
In heitrer Ruh umspielt von Deinen Lieben
Bis Du uns zuführst den Geliebten drüben,
Ja! dieser Glaube kann nicht untergehn.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Wilhelm der lieben Mutter an ihrem Geburtstage von Wilhelm Hauff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Wilhelm der lieben Mutter an ihrem Geburtstage“ von Wilhelm Hauff ist eine liebevolle Hommage an die Mutter, geschrieben an ihrem Geburtstag. Es ist eine Feier der familiären Bindung, des Glücks und der Dankbarkeit, durchzogen von einem subtilen Unterton der Trauer und der Erinnerung an die Abwesenden. Das Gedicht ist in vier Strophen strukturiert, wobei jede Strophe einen Aspekt der kindlichen Verehrung und des Familiengefühls hervorhebt.

Die ersten beiden Strophen drücken die Freude und Dankbarkeit der Kinder gegenüber ihrer Mutter aus. Wilhelm fragt nach einem angemessenen Geschenk, das er an ihrem Ehrentag darbringen kann. Er betont die innige Liebe, die er in seinem Herzen trägt, und hofft, dass diese die Mutter erfreuen und ihren Vater im Himmel erreichen möge. Die fröhliche Atmosphäre wird durch die Beschreibung der kleinen Gaben und des Glücks der Kinder unterstrichen, die ihre Mutter ehren. Die zweite Strophe beschreibt die Freude der Mutter und hebt die „Liebe“ hervor.

Die dritte Strophe lenkt den Blick auf die tiefere Ebene der Emotionen. Trotz der Feierlichkeit des Tages wird ein melancholischer Unterton spürbar. Die Tränen der Mutter und die Frage nach der Ursache der Trauer deuten auf die Erinnerung an die Verstorbenen hin, die „so früh geschieden“ sind. Es sind die Kinder, die bereits in den „ew’gen Frieden“ gegangen sind, und deren Verlust die Mutter tief betrübt. Diese Strophe verleiht dem Gedicht eine zusätzliche Tiefe und zeigt, dass Glück und Trauer in der Familie untrennbar miteinander verbunden sind.

Die vierte und letzte Strophe bietet Trost und Hoffnung. Die verstorbenen Kinder sind anwesend, aber unsichtbar, und führen die Lebenden zur Mutter. Sie „schweben“ aus dem „schönern Land“ herab und erblicken keine Waise mehr um sie herum. Dies deutet darauf hin, dass die Liebe und Fürsorge der Mutter die Kinder vereint und die Lücke füllt, die durch den Tod entstanden ist. Der Appell an die Kinder, sich zu freuen und zu gedenken, unterstreicht die Botschaft von Hoffnung und Glauben, dass die Liebe stärker ist als der Tod und dass die Familie durch die Liebe und den Glauben vereint bleibt. Die Sehnsucht nach einem Wiedersehen im Jenseits, wo die Mutter die Kinder „drüben“ treffen wird, steht am Ende des Gedichts.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.