Was nur die Leute treiben
Was nur die Leute treiben
So emsig Tag und Nacht –
Was nur die Leute denken,
Die nicht an dich gedacht.
Was nur die Leute reden,
Wenn es von dir nicht ist,
Wie sie nur leiden mögen
Den Ort, wo du nicht bist.
Wie sie so eilig gehen,
Und gehn doch nicht zu dir,
Was kann denn sie wohl treiben? –
Wie anders ist es mir.
Ich kann nicht Ruhe finden,
Wenn ich bei dir nicht bin,
Ich kann nichts anders denken,
Hab′ stets nur dich im Sinn.
Ich mag nur dich noch sehen
Und reden nur mit dir –
Bin froh, daß es den Andern
Nicht auch so geht wie mir.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Was nur die Leute treiben“ von Auguste Kurs ist eine tiefgründige Auseinandersetzung mit der alles dominierenden Kraft der Liebe und der daraus resultierenden Isolation von der Außenwelt. Es offenbart die extreme Fokussierung des lyrischen Ichs auf die geliebte Person und die daraus resultierende Entfremdung von den alltäglichen Belangen und Aktivitäten der übrigen Menschen. Der Titel stellt eine rhetorische Frage, die gleichsam eine Distanzierung von der scheinbar sinnlosen Betriebsamkeit der „Leute“ signalisiert.
Die ersten beiden Strophen etablieren das zentrale Thema. Das lyrische Ich fragt sich, was die anderen Menschen tagsüber und nachts so emsig treiben, was sie denken und reden, wenn es nicht von der geliebten Person handelt. Die wiederholte Verwendung von „Was nur“ und die Betonung des Begriffs „du“ verdeutlichen die absolute Priorität der geliebten Person und die Geringschätzung aller anderen Dinge. Die Zeilen „Wie sie nur leiden mögen / Den Ort, wo du nicht bist“ drücken ein tiefes Gefühl der Verwunderung über die Unfähigkeit der anderen aus, die eigene Sehnsucht nach der Geliebten zu teilen.
In der dritten und vierten Strophe wird die eigene Erfahrung des lyrischen Ichs kontrastierend dargestellt. Während die anderen scheinbar ziellos umhergehen, findet das lyrische Ich nur Ruhe in der Nähe der geliebten Person. Der Fokus auf die Gedanken, das Sehen und das Reden verstärkt das Gefühl der totalen Vereinnahmung durch die Liebe. Die Zeile „Hab′ stets nur dich im Sinn“ ist der zentrale Ausdruck dieser Obsession. Die Welt des lyrischen Ichs scheint ausschließlich aus der geliebten Person zu bestehen, was eine extreme Form der Selbstverleugnung im Dienst der Liebe andeutet.
Die letzte Strophe kulminiert in der Feststellung des Glücks des lyrischen Ichs darüber, dass die anderen diese alles verzehrende Leidenschaft nicht teilen. Dieses Gefühl der Absonderung wird deutlich, wenn die Worte „Ich mag nur dich noch sehen“ und „Bin froh, daß es den Andern / Nicht auch so geht wie mir“ stehen. Dadurch entsteht eine bittersüße Ironie, da das lyrische Ich einerseits die tiefe Erfüllung in der Liebe erfährt, andererseits aber auch die Isolation von der Gesellschaft in Kauf nehmen muss. Das Gedicht zeigt so die Ambivalenz der Liebe, die sowohl Glückseligkeit als auch Einsamkeit mit sich bringt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.