Waffenstillstand der Nacht
Windsgleich kommt der wilde Krieg geritten,
Durch das Grün der Tod ihm nachgeschritten,
Manch Gespenst steht sinnend auf dem Feld,
Und der Sommer schüttelt sich vor Grausen,
Läßt die Blätter, schließt die grünen Klausen,
Ab sich wendend von der blutgen Welt.
Prächtig war die Nacht nun aufgegangen,
Hatte alle mütterlich umfangen,
Freund und Feind mit leisem Friedenskuß,
Und, als wollt der Herr vom Himmel steigen,
Hört ich wieder durch das tiefe Schweigen
Rings der Wälder feierlichen Gruß.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Waffenstillstand der Nacht“ von Joseph von Eichendorff beschreibt in zwei Strophen einen Kontrast zwischen der Zerstörung des Krieges und der beruhigenden, friedvollen Natur während der Nacht. Die erste Strophe zeichnet ein Bild des Krieges, der durch die Natur reitet, und hinterlässt Tod und Grauen.
Die Verwendung von Bildern wie „wilder Krieg“ und „Tod“, der dem Krieg nachfolgt, vermittelt eine beklemmende Atmosphäre. Die Natur scheint von dem Schrecken betroffen zu sein, der „Sommer schüttelt sich vor Grausen“ und die Blätter werden abgeworfen. Diese lebhaften Bilder verstärken das Gefühl der Zerstörung und des Leids, das der Krieg mit sich bringt, und erzeugen ein Gefühl der Unbehaglichkeit. Der Fokus liegt auf der physischen und emotionalen Zerstörung des Krieges und der Reaktion der Natur darauf.
In der zweiten Strophe ändert sich der Ton dramatisch. Die Nacht wird als etwas Mütterliches dargestellt, das alle „umfängt“ und „Freund und Feind mit leisem Friedenskuß“ vereint. Diese Metapher der Nacht als mütterliche Gestalt bietet einen starken Kontrast zur kriegerischen ersten Strophe. Der friedliche Kuss der Nacht suggeriert einen Moment der Versöhnung und des Trostes. Das tiefe Schweigen und der feierliche Gruß der Wälder verstärken die andächtige, fast religiöse Stimmung.
Eichendorff verwendet gekonnt Bilder, um die Gegensätze zwischen Krieg und Frieden, Zerstörung und Trost darzustellen. Die Nacht, mit ihrem „Friedenskuß“, bietet einen Rückzugsort von den Schrecken des Krieges. Das Gedicht feiert die Fähigkeit der Natur, Trost und Frieden zu spenden, selbst inmitten von Zerstörung und Leid. Es ist eine Reflexion über die menschliche Erfahrung von Konflikt und die Sehnsucht nach Ruhe und Harmonie.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.