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Wär ich berühmt
Wär ich berühmt, der Liebe würd ich rüsten
Ein Meer der Feste, mich den Gluten betten,
Wie Möwen ruhen mit den weißen Brüsten,
Wenn sich der Brandung hohe Wogen glätten.
Wie Götter von dem Weihrauch trunken sind,
Und roter Wein von ihrem Kranze taut,
Aus meinem Atem strömte heiß der Wind
Wie Flammen tönend, Liebe jeder Laut.
Die Himmel wohnten in der Liebe Schweigen,
Wenn ihre Fackeln von dem Harze rauschen.
Und wir zum zarten Tone ferner Geigen
Das starke Gift der stolzen Küsse tauschen.
Dem Ozean der Träume hingegeben,
Den sonngen Inseln der Zwei-Einsamkeit,
Wo große Schwäne uns zu Häupten schweben,
Sirenen, singend alter Liebe Leid.
– Wär ich berühmt – Nun hocke ich beim Licht
Der trüben Lampe. Und des Morgens Schein
Zeigt mir der Krankenschwester grau Gesicht,
Die hinschlürft über feuchten Pflasters Stein.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Wär ich berühmt“ von Georg Heym ist eine ergreifende Reflexion über unerfüllte Sehnsüchte und die Kontraste zwischen dem Ideal eines romantischen Lebens und der harten Realität des Alltags. Es ist in zwei deutlich getrennte Teile gegliedert, die durch einen tiefgreifenden Kontrast gekennzeichnet sind. Der erste Teil entwirft eine visionäre Vorstellung von Ruhm und Liebe, während der zweite Teil die ernüchternde Realität des Alltags schildert.
In den ersten vier Strophen entwirft Heym eine poetische Utopie. Der Sprecher träumt von einem Leben, das von intensiver Liebe und Leidenschaft geprägt ist. Bilder von Festen, Meeren, Göttern, Wein, Flammen und himmlischer Musik suggerieren ein Leben in voller Ekstase und Schönheit. Die Sprache ist reich an Metaphern und Vergleichen, die die Intensität der Emotionen verstärken. Die Liebe wird hier als ein allumfassendes Element dargestellt, in dem sich der Sprecher hingeben möchte. Das Gedicht atmet eine Aura von Überschwang und Romantik, die durch die Verwendung von Naturmetaphern (Meer, Wind, Sonneninseln) und mythologischen Referenzen (Götter, Sirenen) noch verstärkt wird.
Der Wendepunkt und damit der Kern der Aussage des Gedichts folgt in der fünften Strophe. Die trübe Lampe und das graue Gesicht der Krankenschwester symbolisieren die Monotonie und die Enttäuschungen des Alltags. Dieser Kontrast zwischen Traum und Wirklichkeit ist ein zentrales Thema der expressionistischen Dichtung, zu der Heym gezählt wird. Die Realität wird als grau und trostlos dargestellt, was die Diskrepanz zwischen den Idealen des Sprechers und seinem tatsächlichen Leben unterstreicht. Das „feuchte Pflaster“ und die „graue“ Krankenschwester stehen für die Eintönigkeit und die begrenzten Möglichkeiten, die dem Sprecher in seinem realen Leben widerfahren.
Die Struktur des Gedichts, die durch den abrupten Übergang von der Traumwelt zur realen Welt gekennzeichnet ist, spiegelt die zerrissene Gefühlswelt des Sprechers wider. Heym nutzt die Gegenüberstellung, um die unerfüllten Sehnsüchte und die Einsamkeit des Individuums in einer als entfremdet empfundenen Welt auszudrücken. Die einfache, fast prosaische Sprache des Schlussverses verstärkt die Wirkung der Realität. Das Gedicht ist somit ein Ausdruck der Sehnsucht nach einem erfüllten Leben, der sich in der Auseinandersetzung mit der eigenen Unzulänglichkeit und der harten Wirklichkeit manifestiert. Heyms Werk ist ein eindringliches Zeugnis der menschlichen Suche nach Glück und Erfüllung, das in seiner Melancholie zutiefst berührt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.