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Verfluchung der Städte

Von

Ihr seid verflucht. Doch eure Süße blüht
Wie eines herben Kusses dunkle Frucht,
Wenn Abend warm um eure Türme sprüht,
Und weit hinab der langen Gassen Flucht.

Dann zittern alle Glocken allzumal
In ihrem Dach, wie Sonnenblumen welk.
Und weit wie Kreuze wächst in goldner Qual
Der hohen Galgen düsteres Gebälk.

Die Toten schaukeln zu den Glockenklängen
Im Wind, der ihre schwarzen Leichen schwenkt,
Wie Fledermäuse, die im Baume hängen,
Die Toten, die der Abend übersengt.

|Und wie ein Meer von Flammen ragt die Stadt
Wo noch der West wie rotes Eisen glänzt,
In den die Sonne, wie ein Stierhaupt glatt,
Die Hörner streckt, (die dunkles) Blut bekränzt.

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Gedicht: Verfluchung der Städte von Georg Heym

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Verfluchung der Städte“ von Georg Heym ist eine düstere und apokalyptische Vision des urbanen Lebens, die von Verfall, Tod und einer Atmosphäre des Unheils geprägt ist. Heym nutzt eine eindringliche Bildsprache, um die Hässlichkeit und Verdorbenheit der Städte zu beschreiben. Der Fluch, der im Titel angedeutet wird, erstreckt sich über das gesamte Gedicht und durchdringt jede Zeile mit einer beklemmenden Wirkung. Die „Süße“ der Städte wird als verführerisch, aber letztlich verderblich dargestellt, vergleichbar mit einer „dunklen Frucht“ eines „herben Kusses“.

Die Metaphorik ist zentral für die Wirkung des Gedichts. Das „goldne Qual“ und das „düstere Gebälk“ der Galgen, die „weit wie Kreuze“ wachsen, erzeugen ein beklemmendes Bild des Todes und der Verdammnis. Die Glocken, die wie „Sonnenblumen welk“ zittern, unterstreichen den Verfall und die Hoffnungslosigkeit. Besonders beunruhigend sind die Bilder der Toten, die „schaukeln“ und „schwenken“, und der Stadt, die wie ein „Meer von Flammen“ aufragt. Diese visuellen Elemente verstärken das Gefühl des Untergangs und der Verzweiflung.

Die Verwendung von Farben ist ebenfalls von großer Bedeutung. „Abend warm“ und das „rote Eisen“ der Sonne erzeugen eine Atmosphäre des Feuers und der Zerstörung. Das „dunkle Blut“, das die Hörner der Sonne bekränzt, verstärkt die Vorstellung von Gewalt und Tod. Heym schafft es, durch diese Farbgebung eine beklemmende Stimmung zu erzeugen, die das Gefühl des Verfalls und der Zerstörung noch intensiviert.

Das Gedicht ist ein Ausdruck der modernen Großstadt-Kritik, die zu Heyms Zeit aufkam. Es spiegelt die Ängste und das Unbehagen vor der zunehmenden Urbanisierung wider. Die Städte werden hier als Orte des Todes, der Verderbnis und der Hoffnungslosigkeit dargestellt. Die Bewohner scheinen in diesem düsteren Szenario verloren und dem Untergang geweiht zu sein. Heyms Gedicht ist somit ein beeindruckendes Beispiel für den Expressionismus, der die Welt in all ihrer Hässlichkeit und Verzweiflung darstellt.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.