Sonnuntergang
Nun steh ich vor gewaltigem Schein
Und staune in′s Abendrot hinein.
Am Walde lehnt mein Rücken an:
Der Wald raunt nur noch dann und wann,
Ob alle die Stämme beisammen sind
Und ängstlich geht der Wächter Wind.
Und vor mir sinkt die Stadt hinunter
Wie ein unglaubhaft Traumeswunder.
Von Dörfern Rauch zieht dicht und schwer
Wie über Kohlenmeiler her.
Mich aber flügelt gewaltiger Schein
In die gleißenden Abendrotwirbel hinein.
Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Sonnuntergang“ von Hugo Ball beschreibt eine kontemplative Erfahrung des Dichters angesichts eines Sonnenuntergangs. Es ist ein Moment der Ehrfurcht und des Staunens, in dem die natürliche Welt und die vom Menschen geschaffene Welt ineinandergreifen. Der Dichter nimmt die Szene wahr, die von Ruhe und einer leichten Unruhe geprägt ist.
In der ersten Strophe wird die unmittelbare Erfahrung des Dichters verdeutlicht. Er steht vor dem „gewaltigem Schein“ und blickt in das Abendrot. Der Wald dient als stützendes Element, der Dichter lehnt sich an ihn an. Die Geräusche des Waldes sind gedämpft, er flüstert nur noch, was die Stille und die friedliche Atmosphäre unterstreicht. Der „Wächter Wind“ wird als ängstlich beschrieben, was eine subtile Spannung andeutet, ein Vorbote der Dunkelheit.
Die zweite Strophe führt eine neue Dimension ein, indem sie die Stadt als ein „unglaubhaft Traumeswunder“ beschreibt, das versinkt. Dies deutet auf eine Distanzierung von der menschlichen Welt hin, die dem Untergang gleichkommt, oder zumindest in den Hintergrund tritt. Der Rauch der Dörfer, der wie über Kohlenmeilern aufsteigt, schafft ein Bild der Vergänglichkeit und des Wandels. Die Gegenüberstellung von Natur und Zivilisation führt zu einer subtilen Melancholie.
Das Gedicht kulminiert in der letzten Zeile, in der der Dichter sich vom „gewaltigen Schein“ in die „gleißenden Abendrotwirbel“ getragen fühlt. Dies unterstreicht die überwältigende Kraft des Sonnenuntergangs und die Hingabe des Dichters an dieses Naturschauspiel. Es ist ein Moment der Auflösung und des Eintauchens in die Schönheit und das Geheimnis des Abendhimmels, ein Gefühl der Transzendenz, in dem der Dichter sich von der irdischen Welt löst und in die Schönheit des Naturschauspiels aufgeht.
Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.
Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.