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Sie sehn sich nicht wieder

Von

Von dunkelnden Wogen
Hinuntergezogen,
Zwei schimmernde Schwäne, sie schiffen daher,
Die Winde, sie schwellen
Allmählich die Wellen,
Die Nebel, sie senken sich finster und schwer.

Die Schwäne, sie meiden
Einander und leiden,
Nun tun sie es nicht mehr, sie können die Glut
Nicht länger verschließen,
Sie wollen genießen,
Verhüllt von den Nebeln, gewiegt von der Flut.

Sie schmeicheln, sie kosen,
Sie trotzen dem Tosen
Der Wellen, die zweie in eines verschränkt,
Wie die sich auch bäumen,
Sie glühen und träumen,
In Liebe und Wonne zum Sterben versenkt.

Nach innigem Gatten
Ein süßes Ermatten,
Da trennt sie die Woge, bevor sie′s gedacht.
Laßt ruhn das Gefieder!
Ihr seht euch nicht wieder,
Der Tag ist vorüber, es dämmert die Nacht.

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Gedicht: Sie sehn sich nicht wieder von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Sie sehn sich nicht wieder“ von Friedrich Hebbel entfaltet eine melancholische Szene von Liebe, Vereinigung und letztendlichem Verlust, eingebettet in eine malerische Naturbetrachtung. Es beginnt mit dem Bild von zwei Schwänen, die von dunklen Wogen „hinuntergezogen“ werden, was eine erste Andeutung von Tragik und dem unausweichlichen Fluss der Ereignisse gibt. Die Metapher der „schimmernden Schwäne“ kontrastiert mit der „dunkelnden Wogen“, wodurch eine Spannung zwischen Schönheit und drohendem Unheil erzeugt wird. Der Einfluss der Naturgewalten, insbesondere der „Winde“ und „Nebel“, die sich „finster und schwer“ senken, verstärkt das Gefühl von Düsternis und Vorahnung.

Im zweiten Teil des Gedichts vollzieht sich eine entscheidende Veränderung. Die Schwäne, die zuvor einander mieden, überwinden ihre Hemmungen und suchen die Vereinigung. Sie „meiden“ und „leiden“ nicht mehr, sondern „wollen genießen“. Dies ist ein Moment der Leidenschaft, des Aufbruchs und der Hingabe, dargestellt durch die Bilder des „Schmeichelns“ und „Kosens“. Trotz der tobenden Wellen, die das „Tosen“ der Natur verkörpern, verschmelzen die Schwäne in „Liebe und Wonne“, um sich dem Tod hinzugeben. Hier wird das Thema des Verlustes durch die Vereinigung in der Liebe auf berührende Weise thematisiert.

Der Höhepunkt der Liebe mündet jedoch in eine unvermeidliche Trennung. „Da trennt sie die Woge, bevor sie’s gedacht.“ Die Natur, die zunächst als Hintergrund diente, wird nun zum Akteur, der die Liebenden auseinanderreißt. Das süße Ermatten und die innige Vereinigung sind nur von kurzer Dauer. Der letzte Abschnitt des Gedichts ist geprägt von einer tiefen Melancholie und einer bitteren Erkenntnis: „Laßt ruhn das Gefieder! / Ihr seht euch nicht wieder, / Der Tag ist vorüber, es dämmert die Nacht.“ Diese Zeilen verdeutlichen die Vergänglichkeit der Liebe und des Lebens sowie die Unabwendbarkeit des Todes.

Hebbel verwendet eine einfache, aber eindringliche Sprache, die reich an Bildern und Emotionen ist. Die Verwendung von Naturmetaphern verstärkt die allgemeine Stimmung von Sehnsucht, Verlust und Melancholie. Die sich ständig verändernden Naturbilder und die symbolische Bedeutung der Schwäne verleihen dem Gedicht eine tiefe Bedeutung. Die Schwäne stehen hier nicht nur für Liebe, sondern auch für die menschliche Suche nach Glück und die Akzeptanz des unvermeidlichen Endes. Das Gedicht wird zu einer Meditation über die Schönheit, die Vergänglichkeit und die Tragik des Lebens.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.