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Sicherheit in Beschränkung

Von

In des Baches reinen, hellen,
Leise nur bewegten Wellen,
Schlüpft das Fischlein froh dahin.
Und die klaren Fluthen geben
Seinem stillen, stummen Leben
Nahrung und Vergnügen hin.

Sorgenlos und leicht und heiter
Schwimmt es mit dem Bächlein weiter,
Bis in′s weite offne Meer
Sich der Wellen Lauf ergiesset –
Ach die fremde Bahn erschliesset
Ihm der Sorgen dunkles Heer.

Furchtbar drohende Gestalten,
Die in feuchter Tiefe walten,
Winden schreckend sich heran.
Und der Tod, mit bangem Schauer
Steht, so dünkt ihm, auf der Lauer,
Will ihm hundertfältig nahn.

Aber ach, ihm zu entfliehen,
Wehrt das Schicksal nun, es ziehen
Leise Mächte es dahin.
Und des Meeres wilde Wogen
Haben rauschend es betrogen
Um den sichern, heitern Sinn.

So vertauscht des Landes stilles Leben
Mancher mit der Städte lautem Streben,
Und gesellt sich finstern Sorgen zu.
Nur die Abgeschiedenheit gewähret Frieden,
Der Beschränkung nur ist Sicherheit beschieden,
Und der Stille nur entkeimt die Ruh.

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Gedicht: Sicherheit in Beschränkung von Charlotte von Ahlefeld

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Sicherheit in Beschränkung“ von Charlotte von Ahlefeld entfaltet eine tiefgründige Metapher über die Vorteile eines bescheidenen, begrenzten Lebens im Vergleich zu den Gefahren und Ängsten des weiten, unbekannten Meeres, welches die Welt symbolisiert. Der Fokus liegt auf dem Wandel, den ein kleines Fischlein erlebt, wenn es aus den sicheren Gewässern des Baches in die Weite des Meeres gelangt. Die Autorin bedient sich der Naturbilder, um eine Lebensweisheit zu vermitteln.

Das Gedicht beginnt mit einer idyllischen Beschreibung des Fischleins, das unbeschwert in dem Bach schwimmt, der Nahrung und Freude bietet. Diese Anfangsverse zeichnen ein Bild von Geborgenheit und innerem Frieden. Die klaren, leichten Verse und die sanften Reime unterstreichen diese Harmonie. Die Idylle wird jedoch durch den Wechsel zum Meer unterbrochen, welches eine völlig andere Welt darstellt, voller unbekannter Gefahren.

Im zweiten Teil des Gedichts verwandelt sich die unbeschwerte Freude des Fischleins in Angst und Schrecken. Das Meer, mit seinen „furchtbar drohenden Gestalten“ und dem „Tod, mit bangem Schauer“, wird zum Inbegriff der Unsicherheit und der Gefahren, die mit dem Verlassen der vertrauten Umgebung einhergehen. Die „weiten, offenen“ Wellen, die anfangs eine Verheißung darstellten, entpuppen sich nun als Quelle von Angst. Die Autorin nutzt eindringliche Bilder, um die Zerstörung des Friedens und der Sicherheit zu verdeutlichen, die mit der Überschreitung der Grenzen einhergeht.

Die letzten Strophen sind eine allgemeine Reflexion über die Parallele zwischen dem Leben des Fischleins und dem menschlichen Dasein. Der Wechsel vom stillen Landleben zum „lauten Streben“ der Städte wird mit dem Wechsel des Fischleins vom Bach zum Meer verglichen. Ahlefeld zieht daraus die Schlussfolgerung, dass „nur die Abgeschiedenheit Frieden gewährt“ und „nur der Beschränkung […] Sicherheit beschieden“ ist. Die Autorin plädiert für die Tugenden der Bescheidenheit und der Selbstbeschränkung als Mittel zur Erlangung von Ruhe und Frieden. Das Gedicht ist somit eine Mahnung vor dem Streben nach dem Unbekannten und der Überbetonung des materiellen Erfolgs, die oft mit Ängsten und Sorgen einhergehen.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.