Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , ,

Sehnsucht nach Vergessen

Von

Lethe! brich die Fesseln des Ufers, gieße
Aus der Schattenwelt mir herüber deine
Welle, daß den Wunden der bangen Seel ich
Trinke Genesung.

Frühling kommt mit Duft und Gesang und Liebe,
Will wie sonst mir sinken ans Herz; doch schlägt ihm
Nicht das Herz entgegen wie sonst. – O Lethe!
Sende die Welle!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Sehnsucht nach Vergessen von Nikolaus Lenau

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Sehnsucht nach Vergessen“ von Nikolaus Lenau ist eine ergreifende Klage über die Unfähigkeit, die Last des Lebens und insbesondere die schmerzlichen Erinnerungen zu ertragen. Das Gedicht drückt den innigen Wunsch nach Vergessenheit aus, der durch die Anrufung der Lethe, des Flusses der Vergessenheit in der griechischen Mythologie, symbolisiert wird. Der Sprecher sehnt sich nach Befreiung von den „Wunden der bangen Seel“, die durch die trüben Erfahrungen im Leben verursacht wurden.

Der zweite Teil des Gedichts kontrastiert die Sehnsucht nach Vergessenheit mit der Rückkehr des Frühlings, der traditionell mit Freude, Liebe und Erneuerung verbunden ist. Die Ankunft des Frühlings, mit seinem „Duft und Gesang und Liebe“, sollte eigentlich Trost und Freude bringen, aber die Seele des Sprechers ist unfähig, darauf zu reagieren. Das Herz, das einst dem Frühling entgegen schlug, bleibt nun verschlossen und taub für die Freuden des Lebens. Diese innere Leere unterstreicht die Tiefe der Verzweiflung des Sprechers und die Intensität seines Verlangens nach Vergessen.

Die Sprache des Gedichts ist von einer tiefen Melancholie geprägt. Lenau verwendet einfache, aber eindringliche Bilder, um die Emotionen zu vermitteln. Die Bitte an die Lethe, ihre Wellen zu senden, um Heilung zu bringen, ist ein Ausdruck des verzweifelten Wunsches nach Frieden und Erlösung von dem Leiden. Die Erwähnung des Frühlings, der sonst Trost spendet, der aber in diesem Zustand der Seele abgewiesen wird, verstärkt das Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Dies verdeutlicht, wie tief die Wunden des Sprechers sind und wie sehr er sich nach dem Vergessen sehnt, um die Last des Lebens zu erleichtern.

Das Gedicht ist somit ein starkes Zeugnis der menschlichen Sehnsucht nach Trost und Befreiung von Schmerz, sowie ein Ausdruck der Ohnmacht angesichts der eigenen Vergangenheit. Es fängt auf eindrucksvolle Weise die Erfahrung des Leidens ein, das so tiefgreifend ist, dass selbst die Freuden des Lebens keine Erleichterung mehr bieten können. Die Lethe, der Fluss des Vergessens, wird zur letzten Hoffnung und zur einzigen Möglichkeit, Erlösung zu finden.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.