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Schmerz

Von

Vergeben ? Ich ? Dir ?
Längst.
Ich tat′s, noch eh ich′s wusste.
Aber vergessen ? Vergessen ? . . . Ach, wenn ich′s könnte !

Oft,
mitten im hellsten Sonnenschein,
wenn ich fröhlich bin und „an nichts denke“,
plötzlich,
da,
grau hockt es vor mir,
… wie eine Kröte !

Und alles, alles scheint mir wieder schal. Schal und trostlos.
Das ganze Leben.

Und ich bin traurig. Traurig über dich . . . und mich.

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Gedicht: Schmerz von Arno Holz

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Schmerz“ von Arno Holz handelt von der Unfähigkeit, einen vergangenen Schmerz vollständig zu überwinden. Das lyrische Ich scheint einer Person verziehen zu haben, aber die Wunde ist noch tief und das Vergessen unmöglich. Der kurze, prägnante Stil, charakteristisch für den Naturalismus und die Konzentration auf das Wesentliche, verstärkt die Eindringlichkeit des Gedichts.

Die erste Strophe drückt die anfängliche Vergebung aus („Vergeben? Ich? Dir? Längst. Ich tat’s, noch eh ich’s wusste.“). Diese Zeilen sind kurz und abgehackt, was die spontane und vielleicht unüberlegte Natur der Vergebung widerspiegelt. Der Gegensatz zwischen „vergeben“ und „vergessen“ wird im zweiten Teil der ersten Strophe betont, wo die Unfähigkeit, zu vergessen, als zentrales Problem herausgestellt wird. Die rhetorische Frage „Aber vergessen? Vergessen? . . . Ach, wenn ich’s könnte!“ verdeutlicht die Sehnsucht nach Vergessen und die damit verbundene innere Zerrissenheit.

Die zweite Strophe enthüllt die konkrete Manifestation des Schmerzes im Alltag. Das „grau“ gewordene Gefühl, das „wie eine Kröte“ vor dem lyrischen Ich hockt, symbolisiert die quälende Präsenz des Schmerzes. Die Metapher der Kröte ist besonders wirkungsvoll, da sie Ekel, Kälte und eine gewisse Unbeweglichkeit impliziert. Das Auftauchen der Kröte „mitten im hellsten Sonnenschein“ und in Momenten der Fröhlichkeit betont die Unvorhersehbarkeit und Allgegenwart des Schmerzes, der scheinbar unaufhaltsam in das Leben des lyrischen Ichs eindringt.

Die abschließende Strophe bringt die Konsequenzen der Unfähigkeit zu vergessen zum Ausdruck. Das Leben erscheint „schal und trostlos“, und das lyrische Ich erlebt eine tiefe Traurigkeit, die sich sowohl auf die Person, der verziehen wurde, als auch auf sich selbst bezieht. Die Doppeldeutigkeit des letzten Satzes „Traurig über dich . . . und mich“ deutet auf eine Mischung aus Mitleid, Selbstvorwürfen und vielleicht auch auf die Erkenntnis, dass die Last des Schmerzes beide betrifft. Holz‘ Gedicht ist ein ergreifendes Zeugnis des Unvermögens, vergangene Verletzungen vollständig zu überwinden, und der anhaltenden Wirkung von Schmerz auf das menschliche Seelenleben.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.