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O du allersüßte Freude

Von

O du allersüßte Freude,
o du allerhöchstes Licht,
der du uns in Lieb und Leide
unbesuchet lässest nicht.
Geist des Höchsten, höchster Fürst,
der du hältst und halten wirst
ohn Aufhören aller Dinge,
höre, höre, was ich singe.

Du bist ja die beste Gabe,
die ein Mensch nur nennen kann;
wenn ich dich erwünsch und habe,
geb ich alles Wünschen dran.
Ach, so gibt dich, komm zu mir
in mein Herze, das du dir,
da ich in die Welt geboren
selbst zum Tempel auserkoren.

Du wirst als ein milder Regen
ausgegossen von dem Thron,
bringst uns nichts als lauter Segen
von dem Vater und dem Sohn.
Laß doch, o du werter Gast,
Gottes Segen, den du hast
und verteilst nach deinem Willen,
mich an Leib und Seele füllen.

Du bist weise, voll Verstandes,
was geheim ist, ist dir kund;
zählst den Staub des kleinen Sandes,
gründst des tiefen Meeres Grund.
Nun du weißt auch zweifelsfrei,
wie verderbt und blind ich sei;
drum gib Weisheit und vor allen,
wie ich möge Gott gefallen.

Du bist heilig, läßt dich finden,
wo man rein und redlich ist,
fleuchst hingegen Schand und Sünden,
hassest Schlangentrug und List.
Mache du, o Gnadenquell,
meine Seele rein und hell;
laß mich fliehen, was du fliehest,
gib mir, was du gerne siehest.

Du bist, wie ein Schäflein pfleget,
frommes Herzens, sanftes Muts,
bleibst im Lieben unbeweget,
tust uns Bösen alles Guts.
Ach, verleih und gib mir auch
diesen edlen Sinn und Brauch,
daß ich Freund und Feinde liebe,
keinen, den du liebst, betrübe.

Mein Hort, ich bin wohl zufrieden,
wenn du mich nur nicht verstößt;
bleib ich von dir ungeschieden,
so bin ich genug getröst.
Laß mich sein dein Eigentum,
ich versprech hinwiederum,
hier und dort all mein Vermögen
dir zu Ehren anzulegen;

Nur allein, daß du mich stärkest
und mir treulich stehest bei.
Hilf, mein Helfer, wo du merkest,
daß mir Hilfe nötig sei.
Brich des Fleisches bösen Sinn,
nimm den alten Willen hin,
mach ihn allerdinge neue,
daß sich mein Gott meiner freue.

Sei mein Retter, führ mich eben;
wenn ich sinke, sei mein Stab;
wenn ich sterbe, sei mein Leben;
wenn ich liegem sei mein Grab.
Wenn ich wieder aufersteh,
ei, so hilf mir, daß ich geh
hin, da du in ewgen Freuden
wirst die Auserwählten weiden.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: O du allersüßte Freude von Paul Gerhardt

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „O du allersüßte Freude“ von Paul Gerhardt ist eine tiefe, fromme Anrufung des Heiligen Geistes, die von tiefer Verehrung und dem Wunsch nach geistlicher Erneuerung getragen wird. Es ist ein Gebet, das die zentrale Rolle des Geistes in der christlichen Lehre hervorhebt und die Gläubigen dazu einlädt, sich ihm mit Hingabe und Vertrauen zuzuwenden. Das Gedicht zeichnet sich durch eine klare Struktur und eine wiederkehrende Bitte aus, die die Bedeutung des Geistes als Quelle aller guten Gaben und als Führer auf dem Weg zur Erlösung unterstreicht.

Die Anrufung beginnt mit einer direkten Ansprache des Geistes, der als „allersüßte Freude“ und „allerhöchstes Licht“ bezeichnet wird. Diese liebevollen Bezeichnungen deuten auf die Freude und Erleuchtung hin, die der Geist den Gläubigen bringt, selbst in Zeiten des Leids. Das Gedicht entwickelt sich dann zu einer Reihe von Bitten, in denen der Sprecher darum fleht, dass der Geist ihn mit seinen Gaben erfüllt. Er bittet um Weisheit, um die Fähigkeit, Gott zu gefallen, um Reinheit und um die Fähigkeit, Liebe zu praktizieren. Der Sprecher erkennt seine eigene Unvollkommenheit an und bittet den Geist um Hilfe bei der Überwindung seiner Schwächen und der Verfolgung eines gottgefälligen Lebens.

Ein zentrales Thema des Gedichts ist die Anerkennung der alles überragenden Rolle des Heiligen Geistes in der Errettung. Der Geist wird als die beste Gabe, als milde Regen, als Quelle der Weisheit, Heiligkeit, Sanftmut und Liebe dargestellt. Die Metaphern, die Gerhardt verwendet, sind kraftvoll und anschaulich, und er nutzt sie, um die verschiedenen Aspekte des Geistes zu veranschaulichen. Der Geist ist derjenige, der Trost spendet, Licht bringt, Weisheit schenkt, reinigt und die Gläubigen befähigt, ein Leben in Übereinstimmung mit Gottes Willen zu führen.

Die letzten Strophen des Gedichts sind besonders bedeutsam, da sie die Hoffnung des Sprechers auf die ewige Gemeinschaft mit Gott zum Ausdruck bringen. Der Sprecher drückt seinen Wunsch aus, dem Geist treu zu bleiben, sein Eigentum zu sein und sein ganzes Vermögen in den Dienst Gottes zu stellen. Das Gedicht endet mit einem Gebet um Hilfe, Führung und die Hoffnung auf ewige Freuden. Die wiederholte Verwendung von „Du bist“ in den Strophen unterstreicht die Allgegenwart und Allmacht des Geistes und seine zentrale Bedeutung für den Glauben und das Leben der Gläubigen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „O du allersüßte Freude“ ein tiefgründiges und ergreifendes Gebet ist, das die Verehrung des Heiligen Geistes zum Ausdruck bringt und die Leser dazu einlädt, sich dem Geist mit Hingabe und Vertrauen zuzuwenden. Gerhardt gelingt es, die Beziehung zwischen Gott und den Gläubigen zu verdeutlichen und die Gläubigen aufzufordern, ein Leben in Liebe, Reinheit und Gehorsam zu führen. Die Verwendung von kraftvollen Bildern und die klare Struktur des Gedichts tragen dazu bei, die Botschaft des Gebets zu verstärken und es für die Gläubigen zugänglich und inspirierend zu machen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.