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Nicht jede Besserung ist Tugend

Von

Nicht jede Besserung ist Tugend;
Oft ist sie nur das Werk der Zeit.
Die wilde Hitze roher Jugend
Wird mit den Jahren Sittsamkeit;
Und was Natur und Zeit getan,
Sieht unser Stolz als Besserung an.

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Gedicht: Nicht jede Besserung ist Tugend von Christian Fürchtegott Gellert

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Nicht jede Besserung ist Tugend“ von Christian Fürchtegott Gellert ist eine pointierte Reflexion über die wahre Natur von Tugend und Veränderung im Laufe des Lebens. Es hinterfragt die unreflektierte Gleichsetzung von Besserung mit Tugendhaftigkeit und lenkt den Blick auf die Rolle von Zeit und Natürlichkeit in der Entwicklung des Menschen.

Der Dichter beginnt mit einer Feststellung, die den Kern seiner Kritik darstellt: Nicht jede Verbesserung, die man im Laufe des Lebens erfährt, ist automatisch ein Zeichen von Tugend. Dieser Satz stellt eine wichtige Unterscheidung auf, die das Gedicht prägt. Die folgenden Verse erläutern diese These, indem sie die Ursachen für vermeintliche Besserungen aufzeigen. Die „wilde Hitze roher Jugend“ wird durch die „Jahre“ und die damit einhergehende Entwicklung zur „Sittsamkeit“ gemildert.

Gellert weist darauf hin, dass der Wandel im Verhalten oft nicht auf bewusstem ethischen Handeln, sondern auf dem natürlichen Lauf der Dinge und dem Einfluss der Zeit beruht. Die jugendliche Ungestümtheit und Leidenschaft, die oft als untugendhaft angesehen werden, wandeln sich mit dem Älterwerden in eine gemäßigtere, vielleicht sogar als tugendhaft wahrgenommene Lebensweise. Der Fokus liegt hier auf dem natürlichen Wandel, der durch die Lebensjahre selbst entsteht, und nicht auf einem bewussten moralischen Wandel.

Das Gedicht schließt mit einem kritischen Blick auf die menschliche Selbstwahrnehmung. Der „Stolz“ des Menschen neigt dazu, solche Veränderungen, die oft durch Zeit und Natur herbeigeführt werden, als eigene Leistung und Tugend zu deuten. Gellert wirft hier einen kritischen Blick auf die menschliche Eitelkeit und die Tendenz, sich für Leistungen zu rühmen, die im Wesentlichen durch äußere Faktoren bedingt sind. Die einfache, klare Sprache und die knappe Form des Gedichts unterstreichen seine scharfe Beobachtung und seine moralische Botschaft.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.