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Neid der Sehnsucht

Von

Die Bäche rauschen
Der Frühlingssonne,
Hell singen die Vögel,
Es lauschen die Blüten,
Und sprachlos ringen
Sich Wonnedüfte
Aus ihrem Busen;
Und ich muß trauern,
Denn nimmer strahlt mir
Dein Aug, o Geliebte! –
Nicht über den Wellen
Des Ozeanes,
Nicht über den Sternen
Und nicht im Lande
Der Phantasien
Ist meine Heimat;
Ich finde sie nur
In deinem Auge!
Was je mir freudig
Beseelte das Leben,
Was nach dem Tode
Mir weckte die Sehnsucht,
Entschwundner Kindheit
Fröhliche Tage

Und meiner Jugend
Himmlische Träume,
Von meinen Toten
Trauliche Grüße
Und meiner Gottheit
Stärkenden Anblick,
Das alles find ich
In deinem Auge,
O meine Geliebte!
Nun bist du ferne,
Und bitter beneiden
Muß jeden Stein ich
Und jede Blume,
Beneiden die kalten
Menschen und Sterne,
An die du vergeudest
Die süßen Blicke.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Neid der Sehnsucht von Nikolaus Lenau

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Neid der Sehnsucht“ von Nikolaus Lenau drückt eine tiefe Sehnsucht und einen unstillbaren Verlust aus, die sich in einer Welt der unbefleckten Natur und der flüchtigen Schönheit manifestiert. Der Dichter, der sich in einer tiefen Melancholie gefangen fühlt, vergleicht seine eigene Trauer mit dem Glück und der Freude, die von der natürlichen Welt und anderen Menschen erfahren werden. Das Gedicht ist in zwei Hauptabschnitte unterteilt: der erste, in dem die Idylle der Natur geschildert wird, und der zweite, in dem die Sehnsucht und der Neid des Dichters auf die Geliebte zum Ausdruck kommen.

Im ersten Teil wird eine lebendige Szenerie des Frühlings präsentiert. Die „Bäche rauschen“, „hell singen die Vögel“, und die „Blüten“ lauschen und verströmen Wonnedüfte. Diese Beschreibung der Natur dient als Kontrast zur inneren Gefühlswelt des Dichters, der in seiner Trauer gefangen ist. Die Natur ist voller Leben und Freude, während der Dichter, der von seiner Geliebten getrennt ist, nur Trauer empfindet. Das wiederholte Auftreten des Wortes „Ich“ und die Betonung von „nimmer“ verdeutlichen die Isolation des Dichters und seinen Schmerz über die Abwesenheit der Geliebten. Der Dichter sucht vergeblich nach Heimat in der Natur, im Ozean, in den Sternen, in Phantasien.

Der zweite Teil des Gedichts fokussiert sich auf die Sehnsucht nach der Geliebten. Alles, was dem Dichter Freude bereitete – Kindheit, Jugendträume, Erinnerungen an die Toten und sogar der Anblick seiner Gottheit – all das findet er nur noch in ihren Augen. Doch da die Geliebte „ferne“ ist, empfindet der Dichter Neid gegenüber allem, was ihre Aufmerksamkeit erregt: Steinen, Blumen, Menschen und Sternen. Dieser Neid ist ein Ausdruck des tiefen Verlangens nach ihrer Gegenwart und der Verzweiflung über ihre Abwesenheit. Die Intensität seiner Sehnsucht wird durch die fast schon körperliche, sinnliche Beschwörung der Blicke der Geliebten verstärkt.

Die Sprache des Gedichts ist geprägt von einer melancholischen, aber dennoch bildhaften und ausdrucksstarken Diktion. Lenau verwendet eine Vielzahl von rhetorischen Mitteln, um die Emotionen des Dichters zu vermitteln, darunter Vergleiche, Wiederholungen und die Verwendung von Adjektiven, die die Schönheit der Natur und die Qual der Sehnsucht unterstreichen. Die Abwesenheit der Geliebten wird als eine tiefe Leere empfunden, die alle anderen Freuden des Lebens überschattet. Das Gedicht ist ein eindringliches Bekenntnis zur Macht der Liebe und des Verlustes, sowie ein tiefes Verständnis für die menschliche Fähigkeit, sich nach dem zu sehnen, was unerreichbar scheint.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.