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Merkur und Amor

Von

Zu dem Merkur sprach einst der Gott der Liebe:
„Du bist der Gott der Krämer und der Diebe
Und der Beredsamkeit. Mein Freund,
Wie hast du alles das vereint?
In so verschiedenen Revieren
Mit Glück und Ehre zu regieren,
Dazu gehört Geschicklichkeit,
Dazu gehören seltne Gaben.“

„Ja“, sprach Merkur, „und sie haben
Braucht es Erfahrung, Müh und Zeit.
Erst war ich nur der Handelschaft zu dienen
Vom Vater Jupiter ernannt.
Die Diebe fand ich unter ihnen,
Und sie vertrauten mir ihr Land.
Doch einst von beiden Nationen
Lernt´ich, dem Reich der Redner vorzustehn,
Die Kunst, die Wahrheit fein zu schonen
Und fein die Welt zu hintergehen.“

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Gedicht: Merkur und Amor von Johann Heinrich Merck

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Merkur und Amor“ von Johann Heinrich Merck ist eine kleine, humorvolle Auseinandersetzung mit den Eigenschaften des Merkur, dem römischen Gott des Handels, der Diebe und der Beredsamkeit. Das Gedicht beginnt mit einer Frage Amors, des Gottes der Liebe, der sich wundert, wie Merkur all diese unterschiedlichen Bereiche erfolgreich beherrschen kann. Diese Frage legt den Grundstein für eine ironische Betrachtung der Fähigkeiten Merkurs, die sowohl positive als auch negative Aspekte umfassen.

Merkur antwortet daraufhin, dass es Erfahrung, Mühe und Zeit gebraucht habe, um diese Vielseitigkeit zu erlangen. Er beginnt mit seiner Rolle im Handel, die ihm von Jupiter zugewiesen wurde. Die „Diebe“ findet er unter den Händlern, was bereits eine ironische Andeutung auf die Verquickung von Handel und Betrug darstellt. Er gesteht freimütig, dass er gelernt hat, nicht nur im Handel, sondern auch im Bereich der Redekunst erfolgreich zu sein, wobei er die „Kunst, die Wahrheit fein zu schonen / Und fein die Welt zu hintergehen“ erlernt hat. Dies enthüllt eine zynische Betrachtung der Redekunst, die hier als Mittel zur Täuschung und Manipulation dargestellt wird.

Die Sprache des Gedichts ist einfach und direkt, was zur Klarheit der Botschaft beiträgt. Merck verwendet einen Dialog zwischen den beiden Göttern, um die Komplexität von Merkurs Charakter auf humorvolle Weise zu beleuchten. Die Verwendung von Reimschemata (aabb) und die leichte, fast spielerische Sprache erleichtern das Verständnis und lassen das Gedicht wie eine amüsante Anekdote wirken. Die Ironie liegt in der Art und Weise, wie Merkur seine „Fähigkeiten“ beschreibt – er verbindet Ehrlichkeit mit Täuschung, was letztlich eine Gesellschaftskritik darstellt.

Die zentrale Botschaft des Gedichts ist die Ambivalenz der menschlichen Natur und die Verquickung von Tugend und Laster. Merkur repräsentiert hier den erfolgreichen Geschäftsmann und Redner, der durch seine Fähigkeit zur Täuschung und Manipulation zum Erfolg gelangt. Das Gedicht kann als Kommentar auf eine Gesellschaft verstanden werden, in der Erfolg oft durch fragwürdige Mittel erreicht wird. Es ist eine ironische Betrachtung der menschlichen Natur, die durch die Verwendung von Göttergestalten eine gewisse Distanz und humorvolle Überhöhung erhält.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.