Meeresstille
Wirf Rosenblätter in die Flut,
sie ist so spiegelglatt.
Ich fische sie mit meinem Hut
und küsse jedes Blatt, und, und küsse jedes Blatt.
Und streust du Blätter auf das Meer,
so schaust du selbst hinein,
dann schwimmen zwischen ihnen her
vier volle Röselein: vier, vier volle Röselein.
Die Wangen und die Lippen dein,
sie mein′ ich alle vier.
Ach schwämmen diese Röselein
doch auch heran zu mir, doch, doch auch heran zu mir.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Meeresstille“ von Wilhelm Müller ist eine zarte Liebeserklärung, die in der Metapher eines ruhigen Meeres und der spielerischen Verwendung von Rosenblättern ihren Ausdruck findet. Die beiden Strophen entfalten eine zärtliche Szenerie, in der das lyrische Ich die Handlungen der geliebten Person aufmerksam beobachtet und aufgreift. Das glatte Meer, in dem Rosenblätter treiben, dient als Leinwand für die Sehnsüchte und Wünsche des Sprechers.
Die erste Strophe beschreibt eine simple Geste: das Werfen von Rosenblättern ins Wasser, gefolgt von der Reaktion des lyrischen Ichs, das diese Blätter mit seinem Hut „fischt“ und küsst. Diese Handlung vermittelt Zärtlichkeit und Verehrung, die sich auf die Blätter selbst konzentriert. Die Wiederholung von „und küsse jedes Blatt“ betont die Intensität dieser Gefühle. Die zweite Strophe baut auf diesem Bild auf, indem sie die Spiegelung der geliebten Person im Meer thematisiert.
Hier werden die Rosenblätter als Symbol für die Wangen und Lippen der Geliebten gedeutet. Das Bild von „vier volle Röselein“ ist eine direkte Anspielung auf die Schönheit der geliebten Person, die sich durch die Spiegelung im Meer manifestiert. Die Sehnsucht des lyrischen Ichs wird in der letzten Zeile greifbar: „Ach schwämmen diese Röselein doch auch heran zu mir.“ Dieser Wunsch nach Nähe und Vereinigung durchzieht das gesamte Gedicht und bildet seinen emotionalen Kern.
Die Sprache ist einfach und sinnlich, mit einem klaren Reimschema (ABAB) und der wiederholten Verwendung von „und“. Dies erzeugt einen sanften, fast wiegenden Rhythmus, der zur Stimmung der Ruhe und der leisen Sehnsucht passt. Müller nutzt die natürliche Schönheit der Elemente – Meer, Rosenblätter, Spiegelung – um die tiefe Zuneigung des lyrischen Ichs auszudrücken. Das Gedicht ist ein schönes Beispiel für die Romantik, in der die Natur als Spiegel der menschlichen Seele dient.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.