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Tote Liebe

Von

Was mir erwarb
Ihr süßes Licht
Was ihr verdarb
Mein Angesicht
Warum sie starb
Ich weiß es nicht.

Die Märchenbraut
Lag so im Tod
Dem Blick vertraut;
Der Wange Rot
Wer es geschaut
Fiel neu in Not.

Als hübe sie
Die er gewann
Die wie der Früh-
Tau ihm zerrann
Als hübe sie
Zu sprechen an:

Was dich mir warb
Damals im Licht
Was mich verdarb
Für dein Gesicht
Warum ich starb
Ich weiß es nicht.

Wir wissen beid
Nicht wies geschah
Wir sind im Leid
Uns nun ganz nah
An deine Seit
Sehnt ich mich ja.

Reiche mir Lieber
Noch deine Hand.
Ist sie im Fieber
Wie ich sie fand
Als sie hinüber
Gab mir den Brand?

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Tote Liebe von Maria Luise Weissmann

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Tote Liebe“ von Maria Luise Weissmann kreist in eindringlich-lyrischer Sprache um das Thema einer verlorenen, vielleicht nie ganz erfüllten Liebe, deren Tod rätselhaft bleibt. In kurzen, gleichmäßigen Strophen, die sich häufig durch Parallelismen und Wiederholungen strukturieren, entsteht ein dialogisch anmutendes Zwiegespräch zwischen dem lyrischen Ich und einer verstorbenen oder unerreichbar gewordenen Geliebten. Die Sprache ist schlicht, aber hoch poetisch – geprägt von Ambivalenz, Schmerz und zarter Sehnsucht.

Die erste Strophe führt unmittelbar ins Zentrum des Verlusts: Die Liebe, die einst „im Licht“ erblühte, hat das „Angesicht“ des lyrischen Ichs verdorben, doch der Grund für ihr Sterben bleibt unklar. Diese Unwissenheit zieht sich als zentrales Motiv durch das ganze Gedicht – das Nichtverstehen der emotionalen Katastrophe verstärkt das Leid. Die zweite Strophe schildert die geliebte Tote als „Märchenbraut“ – ein Bild, das Unschuld, Schönheit und Unerreichbarkeit vereint. Ihre Erscheinung löst beim Betrachtenden erneut Schmerz aus, der nie ganz vergeht.

In der dritten und vierten Strophe wechselt die Perspektive – nun scheint die Stimme der Toten selbst zu sprechen, gespiegelt in der Form der ersten Strophe. Auch sie kann die Ursache des Liebesendes nicht benennen. Die Spiegelstruktur betont das gegenseitige Unverständnis bei gleichzeitiger Nähe: Beide wissen nicht, was genau zur Trennung führte, doch im Schmerz kommen sie sich wieder nah. Das Gedicht beschreibt somit einen paradoxen Trost im gemeinsamen Leiden – eine Nähe im nachträglichen Erkennen der Einsamkeit beider Seiten.

Die letzte Strophe ist eine leise, fast beschwörende Geste: Das lyrische Ich bittet um die Hand der Geliebten, erinnert sich an den Moment des Sterbens, an die fieberhafte Hitze ihrer Berührung – und an das „Feuer“, das ihm damit übergeben wurde. Diese Metapher des „Brandes“ verbindet Tod und Leidenschaft in einem letzten Bild von körperlicher Nähe und emotionaler Erhitzung. Die Frage, ob dieser Brand weiterlebt, bleibt offen – sie ist Ausdruck eines tiefen inneren Konflikts zwischen Verlust und Weiterleben.

„Tote Liebe“ ist ein Gedicht über Erinnerung, über die Rätsel des Endes einer Liebe, und über die bleibende Verbindung zwischen zwei Menschen über Tod und Trennung hinaus. Es lebt von der stillen Intensität seiner Sprache, vom Wechsel zwischen Nähe und Fremdheit, und vom Schweigen über das, was nicht erklärbar ist.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.