Schwester
Immer sind die dunkeln Abenteuer
Zwischen uns, wir können oft
Keines der vielen blauen Worte finden,
Die uns geschenkt sind.
Dann, wenn ich die schmalen Krystalle
Meines weißen Traumes Dir bringe,
Häufst Du rötliche Scheiter
Und glühst ein Feuer.
Oder ich möchte mit Abendwind
Deine schmerzliche Lippe kühlen
Und er kommt schwül von den Gärten
Meiner Sehnsucht.
Schwester, immer sind die dunkeln Abenteuer
Zwischen uns, wir können kaum
Unter Schatten erkennen, wie sehr
Wir uns lieben.
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Schwester“ von Maria Luise Weissmann beschreibt eine innige, aber zugleich komplexe Beziehung zwischen zwei Menschen, die von Geheimnissen, Missverständnissen und ungesagten Gefühlen geprägt ist. Zu Beginn des Gedichts spricht die Sprecherin von den „dunkeln Abenteuern“, die zwischen ihr und der Schwester stehen. Diese „Abenteuer“ könnten als Metaphern für die Herausforderungen und unerforschten emotionalen Landschaften interpretiert werden, die die Beziehung belasten. Die Unfähigkeit, „blauen Worte“ zu finden, weist auf eine Sprachlosigkeit hin, die es den beiden erschwert, ihre tiefen Gefühle auszudrücken, obwohl diese „Worte“ ihnen „geschenkt“ wurden – als ob sie das notwendige Vokabular besitzen, aber nicht in der Lage sind, es zu nutzen.
In der zweiten Strophe bringt die Sprecherin „die schmalen Krystalle / Meines weißen Traumes“ zur Schwester, was ein Bild für die Zerbrechlichkeit und Reinheit ihrer inneren Wünsche und Sehnsüchte darstellt. Doch anstelle einer gleichen Offenheit erhält sie „rötliche Scheiter“ – ein Symbol für Fehlschläge, Missverständnisse oder die Härte der Realität, die ihre Hoffnungen zerstört. Das „glühende Feuer“ könnte die leidenschaftliche, aber auch schmerzhafte Reaktion der Schwester symbolisieren, die sich nicht in der gleichen Weise in den Traum einfügen kann oder will. Diese emotionale Kälte oder Ablehnung führt zu einer spürbaren Distanz zwischen den beiden.
Die dritte Strophe verlagert den Fokus auf die Sehnsucht der Sprecherin, ihrer Schwester mit dem „Abendwind“ zu begegnen, um ihre „schmerzliche Lippe“ zu kühlen. Der „schwüle Wind“ aus den Gärten der Sehnsucht verstärkt die melancholische Stimmung und deutet darauf hin, dass die Nähe, die die Sprecherin sich wünscht, von einem inneren Konflikt überschattet wird. Der Wind, der aus den „Gärten der Sehnsucht“ kommt, scheint von unerfüllten, intensiven Gefühlen zu sprechen, die sowohl ein Erbe von Nähe als auch von Schmerz sind.
Das Gedicht endet mit der wiederholten Aussage, dass die „dunkeln Abenteuer“ zwischen den beiden bestehen und dass sie sich kaum erkennen können, wie sehr sie sich tatsächlich lieben. Diese Unfähigkeit, sich in ihrer tiefen Zuneigung wahrzunehmen, wird als tragisches Element der Beziehung dargestellt. Trotz der intensiven Gefühle und der Nähe bleibt ein gewisser Abstand bestehen, sowohl physisch als auch emotional. Das Gedicht fängt eine tiefe, aber unvollständige Verbindung zwischen den beiden ein – eine Mischung aus Liebe, Missverständnissen und der Traurigkeit, die entsteht, wenn man sich nicht richtig verstehen kann.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.