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Mädchenseele

Von

Gar oft schon fühlt ichs tief, des Mädchens Seele
Wird nicht sich selbst, dem Liebsten nur geboren.
Da irrt sie nun verstoßen und verloren,
Schickt heimlich Blicke schön als Boten aus,
Daß sie auf Erden suchen ihr ein Haus.
Sie schlummert in der Schwüle, leicht bedeckt,
Lächelt im Schlafe, atmet warm und leise,
Doch die Gedanken sind fern auf der Reise,
Und auf den Wangen flattert träumrisch Feuer,
Hebt buhlend oft der Wind den zarten Schleier.
Der Mann, der da zum erstenmal sie weckt,
Zuerst hinunterlangt in diese Stille,
Dem fällt sie um den Hals vor Freude bang
Und läßt ihn nicht mehr all ihr Lebelang.

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Gedicht: Mädchenseele von Joseph von Eichendorff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Mädchenseele“ von Joseph von Eichendorff zeichnet ein einfühlsames Bild der weiblichen Seele und ihrer Sehnsucht nach Liebe und Geborgenheit. Es beginnt mit der Feststellung einer tiefen Wahrheit: Die Seele eines Mädchens scheint nicht für sich selbst bestimmt zu sein, sondern strebt danach, sich in der Liebe zu einem geliebten Menschen zu finden. Dieser Gedanke wird in den darauffolgenden Versen bildhaft entfaltet, indem das Mädchen als Suchende dargestellt wird, die nach einem „Haus“ auf Erden verlangt.

Die Beschreibung der Mädchenseele als schlummernd, träumend und von sehnsuchtsvollen Gedanken auf „Reise“ deutet auf eine innere Welt hin, die von einer tiefen Sehnsucht nach Erfüllung geprägt ist. Die Metaphern von „träumerischem Feuer“ auf den Wangen und dem „zarten Schleier“, der vom Wind gehoben wird, evozieren eine Atmosphäre von Unschuld, Zerbrechlichkeit und der stillen Hoffnung auf Erweckung und Erfüllung. Die Natur, insbesondere der Wind, spielt hierbei eine Rolle, indem er die zarten Reize des Mädchens enthüllt, was die Sehnsucht nach Vereinigung und der Erfüllung des Herzens unterstreicht.

Der Höhepunkt des Gedichts ist der Moment, in dem der Mann das Mädchen „weckt“. Dieser Akt der Erweckung wird als ein Eintauchen in die „Stille“ der Mädchenseele dargestellt, was die Intimität und das tiefe Verständnis, das zwischen den Liebenden entstehen soll, betont. Die Reaktion des Mädchens, das dem Mann „vor Freude bang“ um den Hals fällt und ihn „all ihr Lebelang“ nicht mehr loslässt, drückt die tiefe Sehnsucht nach Anbindung und die Hingabe aus, die mit der ersten wahren Liebe einhergeht.

Eichendorffs Gedicht ist nicht nur eine Beschreibung der weiblichen Sehnsucht, sondern auch eine Hymne auf die bedingungslose Hingabe und die tiefe Freude, die in der Liebe gefunden werden kann. Es ist ein romantisches Ideal, das die Vereinigung zweier Seelen in den Vordergrund stellt und die Suche nach Geborgenheit und Erfüllung in der Liebe als zentrales Thema menschlichen Daseins würdigt. Das Gedicht fängt die romantische Vorstellung von Liebe als einem lebensverändernden Ereignis ein, das die Seele erweckt und ihr ein Zuhause gibt.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.