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Liebe und Hoffnung

Von

Auf meinem frühen, stillen Gang durch′s Leben
Sah ich in holder, lieblicher Gestalt
Die Liebe und die Hoffnung vor mir schweben,
Von lichten Himmelsglorien umwallt.

Die Liebe reichte mir den Kranz von Rosen;
Ich schlang entzückt ihn um mein freies Haupt.
Die Hoffnung hatte unter süssem Kosen
Mit frischem Grün es duftend schon umlaubt.

So folgt′ ich seelig meinem stillen Wege,
Und scheute nicht des ernsten Schicksals Zorn;
Doch ach, die Kränze welkten ohne Pflege,
Und mich verwundete der Rosen Dorn.

Da stand ich zürnend, und im bittern Grimme
Riss ich den bunten Schmuck mir aus dem Haar,
Bis mir aus hohen Lüften eine Stimme
In Busen drang, der tief beklommen war.

»So wirfst Du, sprach sie, Deines Lebens Frieden
Wie welke Blumen in den niedern Staub?
Und jeder höhere Genuss, der Dir beschieden,
Wird Deines Kleinmuths eigensinn′ger Raub?

Behandle achtungsvoll die theuern Gaben,
Mit denen Lieb′ und Hoffnung Dich erfreut,
Und wirst Du sie aus reiner Quelle laben,
So siehst Du bald sie jugendlich erneut.«

Da sprach ich weinend: ach, mein Pfad ist enge,
Und windet immer steiler sich hinan;
Durch schroffer Felsen starrendes Gedränge
Führt er empor, und doch nicht himmelan.

Wie kann ich hier die heil′gen Blüthen pflegen,
Wo keine Quelle rauscht, kein Bächlein fliesst,
Und wo auf den bedornten rauhen Wegen
Sich nur der Wehmuth Thräne still ergiesst.

»So lass der Liebe Rosen denn verbleichen,
Doch halte fest der Hoffnung helles Grün!«
Ertönte mir die Stimme sonder Gleichen,
Und schweigend sah ich meinen Kranz verblühn.

Sie welkten hin, die Rosen, deren Düfte
Mit Himmelsahnungen mich einst berauscht.
Mit Seufzern, ach, vermischt′ich nun die Lüfte,
Mir war, als sei mein Inn′res umgetauscht.

Es zogen Ungewitter, Regenschauer
Und Stürme drohend über mir empor,
So dass in′s finstere Gebiet der Trauer
Sich still und ernst mein heitrer Sinn verlohr.

Doch blieb die Hoffnung tröstend mir zur Seite,
Und sorgsam pfleg′ich noch den zarten Zweig,
Den sie mir gab zum irdischen Geleite,
Er soll mir folgen in des Hades Reich.

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Gedicht: Liebe und Hoffnung von Charlotte von Ahlefeld

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Liebe und Hoffnung“ von Charlotte von Ahlefeld ist eine Reflexion über die Erfahrung von Liebe und Hoffnung und deren Vergänglichkeit, sowie die anschließende innere Auseinandersetzung mit Verlust und Trost. Das Gedicht beginnt mit einer idyllischen Szene, in der die Protagonistin im frühen Leben von Liebe und Hoffnung begrüßt wird, die ihr Kränze aus Rosen und Grün reichen. Diese Bilder stehen für Glück, Freude und jugendliche Unbeschwertheit. Die ersten beiden Strophen beschreiben eine Zeit des Glücks, in der die Protagonistin die Geschenke der Liebe und Hoffnung dankbar annimmt.

Die folgenden Strophen schlagen einen düstereren Ton an. Die Kränze welken, die Rosen verlieren ihre Pracht, und die Protagonistin erlebt die schmerzliche Erfahrung des Verlusts. Der „Dorn“ der Rosen symbolisiert hier die Schmerzen und Enttäuschungen, die mit der Liebe einhergehen können. In ihrem Zorn reißt die Protagonistin den Blumenschmuck aus dem Haar, was eine Reaktion auf die erlebte Unglücklichkeit darstellt. Eine Stimme aus den „hohen Lüften“ ermahnt sie, ihren Frieden nicht zu verlieren und die wertvollen Gaben von Liebe und Hoffnung zu bewahren. Der erste Teil des Gedichtes spiegelt die anfängliche Euphorie und das spätere Ernüchtern wider, das durch die Realität des Lebens, mit all seinen Herausforderungen, verursacht wird.

Die anschließenden Strophen beschreiben die Auseinandersetzung der Protagonistin mit ihrer Situation. Sie erkennt die Schwierigkeiten und Hindernisse, die ihren Lebensweg erschweren, und beklagt die Abwesenheit von Trost und Erneuerung. In dieser Phase wird der Verlust der Liebe betrauert. Dennoch wird ihr in der Stimme die Weisheit zuteil, an der Hoffnung festzuhalten, auch wenn die Liebe vergehen mag. Der Abschied von den Rosen, die mit ihren Düften und Himmelsahnungen einst bezauberten, markiert einen entscheidenden Wendepunkt. Nun dominieren Ungewitter, Regenschauer und Stürme, welche die Trauer und den Verlust verdeutlichen, die über die Protagonistin hereinbrechen.

Das Gedicht schließt mit der Betonung der anhaltenden Kraft der Hoffnung. Trotz der Widrigkeiten, die das Leben mit sich bringt, und der Erfahrung von Schmerz und Verlust, bleibt die Hoffnung als ein Trost und eine Begleitung bestehen. Die Protagonistin pflegt den „zarten Zweig“ der Hoffnung, der sie durch die „irdische Geleite“ führen und sogar in das „Hades Reich“ begleiten soll. Dies unterstreicht die Unzerstörbarkeit der Hoffnung und ihre Fähigkeit, Trost und Sinn selbst in den dunkelsten Momenten zu spenden. Das Gedicht ist somit eine Hymne auf die Widerstandsfähigkeit des menschlichen Geistes.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.