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Park Monceau

Von

Hier ist es hübsch. Hier kann ich ruhig träumen.
Hier bin ich Mensch – und nicht nur Zivilist.
Hier darf ich links gehn. Unter grünen Bäumen
sagt keine Tafel, was verboten ist.

Ein dicker Kullerball liegt auf dem Rasen.
Ein Vogel zupft an einem hellen Blatt.
Ein kleiner Junge gräbt sich in der Nasen
und freut sich, wenn er was gefunden hat.

Es prüfen vier Amerikanerinnen,
ob Cook auch recht hat und hier Bäume stehn.
Paris von außen und Paris von innen:
sie sehen nichts und müssen alles sehn.

Die Kinder lärmen auf den bunten Steinen.
Die Sonne scheint und glitzert auf ein Haus.
Ich sitze still und lasse mich bescheinen
und ruh von meinem Vaterlande aus.

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Gedicht: Park Monceau von Kurt Tucholsky

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Park Monceau“ von Kurt Tucholsky ist eine poetische Momentaufnahme im gleichnamigen Pariser Stadtpark und zugleich eine leise, aber bestimmte Gesellschafts- und Zivilisationskritik. In schlichter, unaufdringlicher Sprache feiert das lyrische Ich die Freiheit und Ungezwungenheit dieses Ortes, der sich deutlich vom geregelten, reglementierten Alltag unterscheidet. Schon in der ersten Strophe klingt Erleichterung an: Hier „bin ich Mensch – und nicht nur Zivilist“, also nicht nur Teil eines Systems oder Staates, sondern ein freies Individuum.

Der Park wird als Gegenwelt zur deutschen Ordnungsgesellschaft dargestellt. Die ironisch betonte Tatsache, dass man hier „links gehn“ darf und dass es keine Tafeln gibt, die Verbote aussprechen, verweist auf die im Heimatland empfundene Gängelung. Tucholsky, der als politischer Publizist für seine Kritik an Autorität, Militarismus und staatlicher Bevormundung bekannt war, legt hier subtil seine Sehnsucht nach individueller Freiheit und Gelassenheit offen.

Die nachfolgenden Beobachtungen wirken wie flüchtige Skizzen eines entspannten Nachmittags: Kinder spielen, ein Vogel rupft an einem Blatt, ein Junge popelt ungeniert. Diese Szenen wirken absichtsvoll banal, gerade dadurch aber authentisch und lebendig. Selbst das Touristenklischee amerikanischer Besucher wird leicht ironisiert, ohne Häme: „sie sehen nichts und müssen alles sehn“ – eine sanfte Kritik am oberflächlichen Konsum kultureller Orte.

Im letzten Vers zieht sich das lyrische Ich still zurück und genießt die Sonne, ohne Aktivität, ohne Pflichtgefühl. Bemerkenswert ist die Formulierung „und ruh von meinem Vaterlande aus“ – eine doppeldeutige Wendung, die sowohl körperliche als auch geistige Distanz zur Heimat suggeriert. Der Park wird zum Ort der inneren Freiheit und Reflexion, in dem der Dichter vor den Zumutungen seines nationalen Kontextes Zuflucht sucht. Damit ist „Park Monceau“ ein leiser, aber vielschichtiger Lobgesang auf das Menschsein jenseits gesellschaftlicher und politischer Zwänge.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.