Itzt will ich in den Wald / und mit Dianen jagen!
Ich lieb′ / und das ich lieb / gefält mir selber nicht;
dann Lieb′ ist solch ein Tuhn / das alles guhte bricht /
mein Elend ist zu groß; Ich muß mich damit plagen /
das mein Gewissen krenckt / und stets Verlangen tragen
nach dem / das mir nicht wird: die böse Liebes Gicht /
die grimme Tobessucht / hat mich so zugericht /
daß ich nicht ich mehr bin; Itzt will ich ihr entsagen /
so viel ich immer kan / dan ungegründte Trew
läst nimmer friedsam seyn / und bringt zu späte Rew;
Sie ist ein fressend Fewr / und frisst sich nimmer satt /
ist blind / ist Wind / und brent / ist ein Verderb der Jugend /
sie ist ein guhtes Bös′ und lasterhaffte Tugend;
doch sey sie / wie sie wol / mich macht sie faul und matt.
Itzt will ich in den Wald und mit Dianen jagen…
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Itzt will ich in den Wald und mit Dianen jagen…“ von Sibylla Schwarz ist ein ergreifendes Bekenntnis einer Frau, die unter den Qualen unerwiderter Liebe leidet und nach einem Ausweg sucht. Die ersten Zeilen, die den Wunsch nach einer Flucht in die Welt der Jagd und der Göttin Diana ausdrücken, deuten auf den Wunsch nach Distanz und einer neuen, unabhängigen Lebensweise hin. Der Wechsel von der erlebten Leidenschaft zur Suche nach Freiheit wird durch diesen Vers eingeleitet. Die Formulierung „Itzt will ich“ impliziert eine dringende Entscheidung, einen Entschluss, die den Leser in die Gefühlswelt der Sprecherin hineinzieht.
In den folgenden Versen entlarvt die Sprecherin die Natur der Liebe als zerstörerisch und schädlich. Sie beschreibt sie als etwas, das „alles guhte bricht“, als „böse Liebes Gicht“ und „grimme Tobessucht“. Die Liebe wird zu einer Krankheit, die sie verzehrt und ihr Wesen verändert, bis sie sich selbst nicht mehr wiedererkennt. Durch diese düsteren Bilder wird die Intensität ihres Leids spürbar, die von inneren Konflikten und der Erkenntnis der eigenen Ohnmacht gegenüber der Macht der Gefühle geprägt ist. Die Metaphern, wie das „fressende Fewr“, welches sich „nimmer satt“ isst, unterstreichen die zerstörerische Natur der unerfüllten Liebe.
Die Zeilen „so viel ich immer kan / dan ungegründte Trew / läst nimmer friedsam seyn / und bringt zu späte Rew“ offenbaren die Einsicht, dass die Liebe, der sie einst hingab, nicht von Dauer sein kann und nur zu Reue führt. Diese Erkenntnis leitet ihren Entschluss ein, der Liebe zu entsagen und eine neue Richtung einzuschlagen. Die Ambivalenz ihrer Gefühle, ausgedrückt in den paradoxen Begriffen „guhtes Bös′“ und „lasterhaffte Tugend“, verdeutlicht die Zerrissenheit der Sprecherin, die zwischen der Anziehungskraft der Liebe und ihrer zerstörerischen Wirkung schwankt.
Das abschließende „doch sey sie / wie sie wol / mich macht sie faul und matt“ zeugt von einer gewissen Resignation und der Einsicht, dass die Liebe sie, ungeachtet ihrer Qualität, antreibt, das Handeln zu unterlassen. Die Sprecherin sieht ein, dass die Liebe sie kraftlos und unfähig macht, ihre eigenen Interessen zu verfolgen. Der Wunsch nach Jagd, nach Diana, steht für die Sehnsucht nach einer Welt, die von der zerstörerischen Kraft der unerwiderten Liebe frei ist, nach einem Leben im Einklang mit sich selbst und nach persönlicher Freiheit. Das Gedicht ist somit nicht nur ein Ausdruck von Liebeskummer, sondern auch ein Appell für Selbstbestimmung und die Suche nach einem Sinn außerhalb der leidenschaftlichen Welt.
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Lizenz und Verwendung
Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.
