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In Danzig

Von

Dunkle Giebel, hohe Fenster,
Türme wie aus Nebel sehn.
Bleiche Statuen wie Gespenster
Lautlos an den Türen stehn.

Träumerisch der Mond drauf scheinet,
Dem die Stadt gar wohl gefällt,
Als läg′ zauberhaft versteinet
Drunten eine Märchenwelt.

Ringsher durch das tiefe Lauschen,
Über alle Häuser weit,
Nur des Meeres fernes Rauschen.
Wunderbare Einsamkeit!

Und der Türmer wie vor Jahren
singet ein uraltes Lied:
Wolle Gott den Schiffer wahren,
Der bei Nacht vorüberzieht.

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Gedicht: In Danzig von Joseph von Eichendorff

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „In Danzig“ von Joseph von Eichendorff entführt den Leser in eine nächtliche, fast gespenstische Szenerie der alten Hansestadt. Die ersten beiden Strophen etablieren eine Atmosphäre der Stille und des Geheimnisvollen, indem sie das Spiel von Licht und Schatten beschreiben. Die „dunkle Giebel“ und „hohe Fenster“ sowie die „bleichen Statuen“ vermitteln den Eindruck einer vergangenen Zeit, in der das Leben in Danzig von Mystik und verborgenen Geschichten geprägt war. Der Mond als stiller Beobachter und die Verwendung des Wortes „zauberhaft“ erzeugen eine märchenhafte Stimmung, die durch die Metapher „Märchenwelt“ verstärkt wird.

Die dritte Strophe erweitert das Bild, indem sie das „tiefe Lauschen“ und das „ferne Rauschen“ des Meeres hinzufügt, was die Isolation und die Weite der Szenerie betont. Das Fehlen menschlicher Aktivität, bis auf das ferne Rauschen des Meeres, trägt zur Stimmung der Einsamkeit bei, die das Gedicht durchzieht. Eichendorff kreiert hier eine Art Zwischenwelt, in der die Grenzen zwischen Realität und Traum verschwimmen. Die Stille wird durch das leise Rauschen des Meeres durchbrochen, was die Einsamkeit des Ortes noch stärker hervorhebt.

Den Höhepunkt und zugleich Abschluss bildet die vierte Strophe, in der der „Türmer“ ein „uraltes Lied“ singt. Dieses Lied, das um Gottes Schutz für die Schiffer bittet, die nachts vorbeifahren, führt eine menschliche Note in die bezaubernde Szene ein. Die Anrufung Gottes und die Sorge um die Seeleute verweisen auf die Gefahren des Meeres und die Abhängigkeit der Menschen von göttlichem Beistand. Das Lied wird zum Bindeglied zwischen Vergangenheit und Gegenwart, zwischen der stillen Stadt und dem bewegten Meer, wodurch das Gedicht seine Tiefe erhält.

Insgesamt ist das Gedicht eine poetische Momentaufnahme, die die Schönheit und die Atmosphäre der alten Stadt Danzig einfängt. Eichendorff nutzt Bilder der Dunkelheit, des Mondscheins und des Meeres, um eine Stimmung der Melancholie und der Sehnsucht zu erzeugen. Die Integration des Türmerliedes gibt dem Gedicht eine zusätzliche Ebene der menschlichen Erfahrung und der Verbindung zur Natur, wobei die Strophen die Stille, die Isolation und das Geheimnisvolle des Ortes hervorheben. Das Gedicht ist eine Hommage an die Vergangenheit und eine Reflexion über die Verbindung des Menschen mit der Welt um ihn herum.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.