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Ich denke dein (1)

Von

Ich denke dein, wenn über Roms Ruinen
Die Sonne sinkt!
Vom Abendroth durch Eichengrün beschienen
Die heil′ge Tiber blinkt!

Dein denk′ ich, wenn der grauen Vorwelt Schauer
Der Hall′ entschwebt!
Des Eppichs Netz an hoher Riesenmauer
Im Mondstrahl silbern bebt!

Wenn in der Pinie ernstem Säulentempel
Mein Aug′ erquickt,
Betrachtung, Tiefsinn, eueren hehren Stempel
Rings um sich her erblickt!

Dort an des Grabes ew′ger Piramide
Warst du mir nah!
Mir nah als ich Orest der Eumenide
Geweiht, voll Wehmuth sah!

Electra′s hoher Sinn, und Weibesmilde
Mich tief durchdrang!
Des Griechen Geist mir aus dem Marmorbilde
Wie Saitenton erklang!

Im Lorbeerwald, wo die Zipresse dunkelt,
Im Mirthenhain
Wenn über mir des Himmels Bogen funkelt
Denkt meine Seele Dein!

Ach dein, wenn über Tod, und Grab, und Erde,
Mein Geist sich schwingt!
Des Schöpfers zweyter Allmachtsruf es werde
Auch meine Gruft durchdringt.

Wenn Nemesis, was strenge du gefodert
Ist abgebüßt –
Und Psyche, der nicht mehr die Fackel lodert,
Vergelterin dich grüßt!

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Gedicht: Ich denke dein (1) von Friederike Sophie Christiane Brun

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ich denke dein“ von Friederike Sophie Christiane Brun ist eine tief empfundene Liebeserklärung, die durch eine Vielzahl von Bildern und Erinnerungen ausgedrückt wird. Es ist eine Reise durch die Gedanken und Gefühle der Sprecherin, die in verschiedenen Momenten und an verschiedenen Orten an ihren geliebten Menschen denkt. Die Struktur des Gedichts ist durch die sich wiederholende Phrase „Ich denke dein“ gekennzeichnet, die als Klammer für die unterschiedlichen Eindrücke und Erlebnisse dient.

Die ersten Strophen des Gedichts beschreiben Szenen der Natur und der antiken römischen Welt. Die untergehende Sonne über den Ruinen Roms, der blinkende Tiber und das im Mondlicht bebende Efeunetz an einer alten Mauer werden als Kulissen für die Gedanken an den Geliebten genutzt. Diese Bilder schaffen eine romantische Atmosphäre und verknüpfen die Liebe mit der Schönheit der Natur und der Geschichte. Auch die Erwähnung des Pinientempels und der Pyramiden deutet auf eine Faszination für die antike Welt hin, die durch die Nähe des Geliebten noch verstärkt wird.

Die mittlere Passage vertieft die Verbindung zur griechischen Antike. Die Sprecherin erinnert sich an Momente der Innigkeit und der tiefen Anteilnahme an der Geschichte von Orest und Elektra. Diese Anspielungen auf Tragödien und Mythen deuten auf die Tiefe der eigenen Gefühle und die Fähigkeit, sich mit den großen Themen des Lebens auseinanderzusetzen. Die Erwähnung von Elektra und dem „Geist des Griechen“ im Marmorbild verweist auf eine Verbindung zwischen der Liebe und der Suche nach Sinn und Wahrheit.

In den abschließenden Strophen erreicht das Gedicht eine spirituelle Ebene. Die Gedanken an den Geliebten erstrecken sich über den Tod hinaus und werden mit der Vorstellung des Schöpfers und der Ewigkeit verknüpft. Die Sprecherin stellt sich vor, wie ihre Seele über Tod und Grab hinaus schwebt, und wünscht sich, dass der „zweite Allmachtsruf“ des Schöpfers auch ihre Gruft durchdringen möge. Die Anrufung von Nemesis und Psyche unterstreicht die Themen von Vergeltung und Unsterblichkeit, wodurch die Liebe zu einer transzendenten Erfahrung erhoben wird. Das Gedicht endet mit einer Hoffnung auf ewige Vereinigung.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.