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Ich bin Papa

Von

Mitunter schwitzen muß der Schreiner,
Er stößt auf manchen harten Ast.
So geht es auch, wenn unsereiner
Sich mit der Grübelei befaßt.

Zum Glück hat meine gute Frau,
Die liebevoll an alles denkt,
Mir einen kleinen Fritz geschenkt,
Denn oft erfreut mich dieser Knabe
Durch seinen kindlichen Radau,
Wenn ich so meine Schrullen habe.

Heut mittag gab es wieder mal
Mein Leibgericht, gespickten Aal,
Und wie ich dann zur Körperpflege,
Die Weste auf, die Augen zu,
Die Hände friedlich auf dem Magen
Im Polsterstuhl mich niederlege,
Oh weh, ein Schwarm von dummen Fragen
Verscheucht die heißersehnte Ruh.

Ach, wird es mir denn niemals klar,
Wo ich gewesen, eh ich war?
Schwamm ich, verkrümelt in Atome,
Gedankenlos im Wirbelstrome,
Bis ich am Ende mich verdichtet
Zu einer denkenden Person?
Und jetzt, was hab ich ausgerichtet?
Was war der Mühe karger Lohn?
Das Geld ist rar, die Kurse sinken,
Dagegen steigt der Preis der Schinken.
Fast jeden Morgen klagt die Mutter:
Ach Herr, wie teuer ist die Butter!
Ja, selbst der Vater wird gerührt,
Wenn er sein kleines Brötchen schmiert.
Und doch, trotz dieser Seelenleiden,
Will keiner gern von hinnen scheiden.
Wer weiß?

Ei sieh, wer kommt denn da?
Hallo, der Fritz! Nun wird es heiter,
Nun machen wir den Eselreiter.
Flugs stell ich mich auf alle Viere,
Indem ich auf und ab marschiere,
Und rufe kräftig mein Ih – ah!
Vor Wähligkeit und Übermut.

Ih – ah! Die Welt ist nicht so übel.
Wozu das närrische Gegrübel?
Ich bin Papa, und damit gut.

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Gedicht: Ich bin Papa von Wilhelm Busch

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ich bin Papa“ von Wilhelm Busch ist eine humorvolle Reflexion über die Freuden und Nöte des Vatersseins. Es beginnt mit einem Vergleich des Lebens mit der Arbeit eines Schreiners, der auf harte Äste stößt, was auf die Schwierigkeiten und die Grübeleien des Lebens anspielt. Der Dichter hadert mit existenziellen Fragen über seine Herkunft, den Sinn des Lebens und die alltäglichen Sorgen wie steigende Preise. Diese Grübeleien werden jedoch durch die Gegenwart seines Sohnes Fritz unterbrochen und relativiert.

Die Figur des Fritz fungiert als Anker, der den Vater aus seinen philosophischen Betrachtungen reißt. Die kindliche Freude und der „kindliche Radau“ des Sohnes wirken wie ein Balsam auf die Seele des Vaters und vertreiben seine „Schrullen“. Der Kontrast zwischen den tiefgründigen Fragen des Vaters und der unbeschwerten Freude des Kindes erzeugt eine komische Wirkung. Insbesondere die Szene, in der der Vater zum „Eselreiter“ wird, zeigt, wie Fritz‘ Gegenwart die Perspektive des Vaters verändert und ihn aus seinen Grübeleien befreit.

Busch nutzt einen lockeren, umgangssprachlichen Ton und einfache Reime, um die Alltagssituationen lebendig werden zu lassen. Die Verse spiegeln das Wechselspiel zwischen den Sorgen und Freuden des Familienlebens wider. Die Beobachtung der alltäglichen Probleme, wie die hohen Preise für Lebensmittel, kontrastiert mit der ungetrübten Freude am Spiel mit dem Kind. Dies verdeutlicht die Botschaft, dass die kleinen, unbeschwerten Momente die großen Fragen des Lebens relativieren und die Welt in einem positiveren Licht erscheinen lassen.

Die abschließenden Zeilen „Ih – ah! Die Welt ist nicht so übel. / Wozu das närrische Gegrübel? / Ich bin Papa, und damit gut.“ sind der Kern des Gedichts. Sie zeigen die Befreiung des Vaters von seinen Sorgen durch die Rolle des Papas. Das Vatersein wird hier als Quelle der Freude und des Trostes dargestellt. Die Identität als Vater bietet eine einfache, aber befriedigende Antwort auf die komplexen Fragen des Lebens. Die Welt mag voller Probleme sein, aber die Beziehung zu seinem Kind gibt dem Leben einen Sinn und lässt die Probleme in den Hintergrund treten.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.