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Herr und Knecht

Von

Weg das Gesicht!
Ich duld es nicht!
Wo ist der zweite Jäger?
So ruft der Graf in zorn′gem Ton,
Der Alte schleicht betrübt davon,
Des Forstes bester Pfleger.

Das Hifthorn schallt,
Nun in den Wald!
Es ist zum ersten Male,
Daß er dies Schloß im finstren Tann
Besucht, er sah′s nur dann und wann
Von fern im Mondenstrahle.

Sie sprengen fort;
Was kauert dort
Am Wege, hinterm Flieder?
Der Greis, er zeigt aufs graue Haupt,
Der Jüngling aber flucht und schnaubt:
Du kehrst mir nimmer wieder!

Mit eins so wild
Und sonst doch mild?
So fragt man in der Runde.
Ich sah den Mann schon Böses tun,
Doch ganz vergebens sinn ich nun,
Ich weiß nicht Ort, noch Stunde!

Er jagt allein
Im tiefsten Hain,
Den schwarzen Eber hetzend;
Die andern blieben weit zurück,
Da stürzt sein Pferd, an einem Stück
Gestein den Fuß verletzend.

Der Alte tritt
Mit raschem Schritt
Hervor, von Gott gesendet;
Er fängt das Tier im grimm′gen Lauf
Behend mit seinem Spieße auf,
Da liegt es und verendet!

Nun kehrt er stumm
Sich wieder um,
Dem Herrn die Hand zu geben;
Doch der springt auf: Noch immer da?
So ist dir auch das Ende nah!
Und will den Speer schon heben.

Da bringt die Wut
Das treue Blut
Des Alten auch zum Kochen;
Er zieht das Messer, eh′ er′s denkt,
Und hat, so wie er′s kaum geschwenkt,
Den Jüngling auch durchstochen.

Und blutbedeckt,
Zum Tod erschreckt,
Bleibt er gebückt nun stehen.
Der Sterbende blickt über sich
Und murmelt noch: So habe ich
Ihn schon im Traum gesehen!

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Gedicht: Herr und Knecht von Friedrich Hebbel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Herr und Knecht“ von Friedrich Hebbel ist eine düstere Ballade, die von einem dramatischen Konflikt zwischen einem adligen Herrn und seinem treuen Diener handelt. Es entfaltet sich eine Geschichte von Zorn, Missachtung und schließlich einem tragischen Ende, das von der eigenen Vergangenheit des Herrn vorgezeichnet zu sein scheint.

Das Gedicht beginnt mit einer Szene der Erniedrigung des Knechts. Der Graf, aufgebracht und zornig, weist den alten Förster weg, der augenscheinlich etwas falsch gemacht hat. Die folgende Jagd wird von Missgeschick und Unglück begleitet. Der Graf jagt allein, und sein Pferd verletzt sich. Der Knecht, trotz der anfänglichen Zurückweisung, eilt zur Hilfe und erlöst das Wildschwein. Diese Szene könnte als Zeichen des Mitleids und der Loyalität des Knechts interpretiert werden, aber auch als Ausdruck seiner Macht, die letztendlich zur Katastrophe führt.

Die Situation eskaliert, als der Graf den Knecht erneut verachtet und ihm sogar mit dem Speer droht. Die Wut des alten Mannes kocht über, und er ersticht den Grafen in einem Akt der Verzweiflung und des Verlusts der Kontrolle. Die Schlussverse sind besonders eindrücklich, da sie die Erkenntnis des Sterbenden offenbaren: Er sah diesen Moment bereits in einem Traum voraus. Dies deutet auf eine prädestinierte Tragödie hin, ein unausweichliches Schicksal, das beide Charaktere in ihren Fängen hält.

Hebbel verwendet eine einfache, aber kraftvolle Sprache, um die Emotionen der Charaktere zu vermitteln. Die Dialoge sind kurz und prägnant, die Beschreibungen der Natur sind sparsam, aber wirkungsvoll. Die Verwendung von Reimen und Rhythmus verstärkt die dramatische Wirkung und erzeugt eine beklemmende Atmosphäre. Das Gedicht thematisiert Machtmissbrauch, Stolz, die Vergeltung von Ungerechtigkeit und die Unentrinnbarkeit des Schicksals. Es ist eine düstere Reflexion über die menschliche Natur und die zerstörerischen Kräfte von Hass und Unterdrückung.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.