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Herbstklage

Von

Holder Lenz, du bist dahin!
Nirgends, nirgends darfst du bleiben!
Wo ich sah dein frohes Blühn,
Braust des Herbstes banges Treiben.

Wie der Wind so traurig fuhr
Durch die Straßen, als ob er weine;
Sterbeseufzer der Natur
Schauern durch die welken Haine.

Wieder ist, wie bald! wie bald!
Mir ein Jahr dahingeschwunden.
Fragend rauscht es aus dem Wald:
„Hat dein Herz sein Glück gefunden?“

Waldesrauschen, wunderbar
Hast du mir das Herz getroffen!
Treulich bringt ein jedes Jahr
Welkes Laub und welkes Hoffen.

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Gedicht: Herbstklage von Nikolaus Lenau

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Herbstklage“ von Nikolaus Lenau ist eine melancholische Reflexion über den Kreislauf der Natur, die Vergänglichkeit und das ungestillte Sehnen nach Glück. Das lyrische Ich beklagt das Vergehen des Frühlings, des Inbegriffs von Schönheit und Lebendigkeit, und stellt ihm das „bange Treiben“ des Herbstes gegenüber. Die Natur wird dabei als Spiegelbild der eigenen Gefühlswelt wahrgenommen, wobei die Jahreszeiten die verschiedenen Phasen der menschlichen Erfahrung symbolisieren.

Die ersten beiden Strophen zeichnen ein Bild des herbstlichen Verfalls. Der Wind, der durch die Straßen fährt, wird als weinend beschrieben, und die „Sterbeseufzer der Natur“ durchziehen die welken Haine. Diese Personifikationen verstärken die Melancholie und erzeugen eine Atmosphäre der Trauer und des Abschieds. Die Natur wird hier nicht nur als Kulisse, sondern als aktiver Teilnehmer am Schmerz des lyrischen Ichs dargestellt. Das lyrische Ich scheint sich in dieser trostlosen Landschaft wiederzufinden, in der alles verfällt und stirbt.

Die dritte Strophe wirft eine existenzielle Frage auf. Das vergangene Jahr wird als eine weitere Episode im Kreislauf des Lebens wahrgenommen, und die Frage, ob das Herz sein Glück gefunden hat, hallt durch den Wald. Dieses „Fragend Rauschen“ des Waldes offenbart die innere Leere und das unerfüllte Verlangen des lyrischen Ichs. Die Frage deutet auf eine Suche nach Sinn und Erfüllung hin, die in der Vergänglichkeit der Welt nicht gefunden werden kann.

In der letzten Strophe wird die Verbindung zwischen Natur und Seele noch deutlicher. Das „Waldesrauschen“ wird als ein Ereignis erlebt, das das Herz des lyrischen Ichs tief berührt, ein Zeichen der Verbundenheit mit der Natur. Jedoch ist diese Verbindung nicht von Dauer, denn das jedes Jahr zurückkehrende „welke Laub“ und die „welken Hoffen“ verdeutlichen die Unvermeidbarkeit der Vergänglichkeit und die Enttäuschung, die mit der Suche nach Glück verbunden ist. Das Gedicht endet mit einer resignierten Erkenntnis über die Flüchtigkeit des Lebens und die Unerreichbarkeit des Glücks, eingebettet in die zyklische Natur des Herbstes.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.