Logo der Website, Schriftzug "Poesie Oase" mit Palmen umrandet.
, , , , ,

Hausglück

Von

Der Koboldbauer das ist mir ein Mann!
Sein Boden voll Korn, sein Keller voll Wein,
Sein Holz schön aufgeklaftert im Tann,
Die Rößlein gestriegelt, das Haus so rein,
Die Wintersaat schon längst bestellt,
Die Andern schneiden die Frucht noch im Feld;
Und hat nur Einen Knecht allein!
Das muß ein sondres Hausglück sein!

Der Knecht speist Mittags mit der Katz’,
Ein Schüsslein Milch, genug für den Zwerg!
Er liegt ohne Federbett und Matratz’
Im Scheuerneck wie ein Klumpen Werg;
Ein Handschuhdaum ist sein spitzer Hut,
Des Bauers Socken sein Mantel gut;
O möcht’ er nur kein Kobold sein!
Doch ruft ihn sein Herr: du Hausglück mein.

Der Bauer einst verreisen wollt’,
Hui, Mantel und Hut bringt der Kleine frisch!
»Zum Imbiß ein Hühnchen, dem wär’ ich hold,«
Da stand es gebraten auch schon am Tisch!

»Geh, hol’ auf der Weide den Schecken mir,«
Da stampft vorm Thor gesattelt das Thier!
»So lebe wohl denn und hüte fein
Mir Weib und Hof, du Hausglück mein!«

Der Bauersmann war vom Hause kaum,
Schon steigt das verliebte Pfäfflein ringsum;
Der Knecht streut Erbsen im Stiegenraum
Und dreht am Zimmer den Schlüssel um.
Das Pfäfflein glitscht aus und fällt aufs Gesicht,
Das Weiblein Schloß und Riegel fast bricht;
Sie drinnen, er draußen, ein Schelten und Schrein:
O möcht’ im Pfefferland Hausglück sein!

Der Kleine kichert, doch nicht für lang!
Denn Pfaffenlust und Weiberlist
Macht selbst dem schlau’sten Wächter bang,
Wenn er auch der rührigste Kobold ist. –
Der Hausherr kam, fand Alles aufs Best’,
Der Kleine ganz matt sich vernehmen läßt:
»Ein Weiblein zu hüten, welche Pein!
Da möchte der Teufel dein Hausglück sein!«

Zum Bauer schlau der Pfarrherr spricht:
»Thu’ von dir den schnöden Knecht, mein Sohn,
Er ist nicht getauft, wird selig nicht,
Sein Mühn bringt nimmer dir Segenslohn;
Die eigne Hand sei fortan dein Glück!«
Der Bauer aber entgegnet zurück:
»Wenn selber er von mir geht, mag’s sein!
Nicht mag ich verbannen das Hausglück mein.«

Der Bauer füllt dem Kleinen nicht
Die Schüssel wie sonst, doch hat’s nicht Noth,
Der kichert und zieht ein Schelmengesicht,
Er melkt ja die Kuh und bäckt ja das Brod!
Der Bauer grüßt neckend: »Gelobt sei der Christ!«
Da sagt es nicht Amen, aber es niest,
Er taucht in Weihbronn den Zappelnden ein,
Doch kann er nicht los das Hausglück sein.

Da denkt der Bauer: Ich hab’s! und faßt
Am Küchenheerd den glimmenden Span,
Die Scheuer, darin sein Knecht schon zur Rast,
An allen vier Ecken zündet er an;
Doch was darin an Getreid’ und Stroh,
Auf vollem Wagen entführt er’s froh,
Die Scheuer flammt auf in grellem Schein:
»Nun werd’ ich doch los mein Hausglück sein!«

Und wie er so fährt feldein fürbaß,
Da hört er, wie’s hinter ihm spricht und lacht:
»O Bauerndank, o Bauernspaß!
Zeit war’s, daß wir uns davongemacht!«
Er sieht sich um; – gemächlich und breit
Sitzt nickend der Kleine auf dem Getreid’.
O Bäuerlein, o Bäuerlein,
Du sollst nicht los dein Hausglück sein!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Hausglück von Anastasius Grün

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Hausglück“ von Anastasius Grün ist eine humorvolle und allegorische Erzählung über die Abhängigkeit von Glück und die Unmöglichkeit, ihm zu entkommen. Es erzählt die Geschichte eines wohlhabenden Bauern, der durch die Hilfe eines Kobolds, den er „Hausglück“ nennt, in Wohlstand lebt. Das Gedicht ist in Reimform gehalten und verwendet eine lebendige, volkstümliche Sprache, die den Charme der Erzählung unterstreicht.

Die zentrale Figur ist der Kobold, der als fleißiger und schelmischer Diener dargestellt wird. Er sorgt für den Erfolg des Bauern, indem er scheinbar magisch die Arbeit erledigt. Die Interaktion des Bauern mit seiner Frau und dem Pfarrer wirft die Frage nach der wahren Natur des Glücks auf. Der Pfarrer versucht, den Bauern zu überzeugen, den Kobold zu verbannen, da dieser nicht getauft ist und somit nicht zum christlichen Glauben gehört. Der Bauer jedoch weigert sich, da er sein „Hausglück“ nicht verlieren möchte. Dies zeigt, dass der Bauer materielle Vorteile über spirituelle Belange stellt.

Die Handlung nimmt eine Wendung, als der Bauer versucht, den Kobold loszuwerden, indem er seine Scheune anzündet. Er glaubt, dass er dadurch das „Hausglück“ vernichten und unabhängig werden kann. Doch das Feuer zerstört nicht den Kobold, sondern ermöglicht ihm, mit dem geretteten Getreide davonzuziehen. Am Ende wird der Bauer von seinem „Hausglück“ begleitet, was die Ironie der Situation unterstreicht. Die Botschaft ist klar: Glück, in welcher Form auch immer, lässt sich nicht einfach loswerden oder verbannen. Es ist untrennbar mit dem Leben des Einzelnen verbunden, selbst wenn es sich in schelmischer Gestalt zeigt.

Das Gedicht verwendet eine Vielzahl von literarischen Mitteln, um seine Botschaft zu vermitteln. Die Reime und der Rhythmus erzeugen eine eingängige Melodie, die das Gedicht leicht macht. Der Kontrast zwischen dem Fleiß und der Leistungsfähigkeit des Kobolds und seiner schelmischen Natur sorgt für humorvolle Momente. Der Einsatz von Allegorie und Symbolik, wie das Feuer als Versuch, das Glück zu vernichten, vertieft die Bedeutung des Gedichts. Das „Hausglück“ steht nicht nur für materiellen Wohlstand, sondern auch für das Schicksal und die unvermeidliche Fügung.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass „Hausglück“ eine unterhaltsame und tiefgründige Auseinandersetzung mit der Natur des Glücks und der menschlichen Bemühungen, es zu kontrollieren oder zu verlassen, darstellt. Es mahnt den Leser, die Abhängigkeit vom Schicksal anzuerkennen und die Unmöglichkeit zu akzeptieren, dem Glück vollständig zu entkommen. Das Gedicht bietet sowohl humorvolle Unterhaltung als auch eine nachdenkliche Reflexion über die Komplexität des Lebens und der menschlichen Beziehungen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.