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Gutmann und Gutweib

Von

Und morgen fällt St. Martins Fest,
Gutweib liebt ihren Mann;
Da knetet sie ihm Puddings ein
Und bäckt sie in der Pfann.

Im Bette liegen beide nun,
Da saust ein wilder West;
Und Gutmann spricht zur guten Frau:
„Du riegle die Türe fest.“

„Bin kaum erholt und halb erwarmt,
Wie käm ich da zu Ruh;
Und klapperte sie einhundert Jahr,
Ich riegelte sie nicht zu.“

Drauf eine Wette schlossen sie
Ganz leise sich ins Ohr:
So wer das erste Wörtlein spräch′,
Der schöbe den Riegel vor.

Zwei Wanderer kommen um Mitternacht
Und wissen nicht, wo sie stehn,
Die Lampe losch, der Herd verglomm,
Zu hören ist nichts, zu sehen.

„Was ist das für ein Hexenort?
Da bricht uns die Geduld!“
Doch hörten sie kein Sterbenswort,
Des war die Türe schuld.

Den weißen Pudding speisten sie,
Den Schwarzen ganz vertraut;
Und Gutweib sagte sich selber viel,
Doch keine Silbe laut.

Zum anderen sprach der eine dann:
„Wie trocken ist mir der Hals!
Der Schrank, der klafft, und geistig riechts,
Da findet sich′s allenfalls.

Ein Fläschchen Schnaps ergreif ich da,
Das trifft sich doch geschickt!
Ich bring es dir, du bringst des mir,
Und bald sind wir erquickt.

Doch Gutmann sprang so heftig auf
Und fuhr sie drohend an:
„Bezahlen soll mit teurem Geld,
Wer mir den Schnaps vertan!“

Und Gutweib sprang auch froh heran,
Drei Sprünge, als wär sie reich:
„Du Gutmann sprachst das erste Wort,
Nun riegle die Türe gleich!“

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Gedicht: Gutmann und Gutweib von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Gutmann und Gutweib“ von Johann Wolfgang von Goethe erzählt eine humorvolle Geschichte über die Ehe, Geiz und Gastfreundschaft. Das Gedicht beginnt mit der Vorbereitung auf St. Martins Fest, an dem die Gutweib für ihren Mann einen Pudding zubereitet. Die erste Strophe stellt die liebevolle Beziehung zwischen den Eheleuten dar und etabliert die häusliche Szenerie.

Die zweite Strophe leitet die Handlung ein. Ein Sturm zieht auf, und Gutmann fordert seine Frau auf, die Tür zu verriegeln. Doch Gutweib weigert sich, da sie sich gerade erst erholt habe. Stattdessen schließen sie eine Wette: Wer zuerst ein Wort spricht, muss die Tür verriegeln. Diese Wette ist der Kern der Geschichte und setzt eine humorvolle Spannung zwischen den Eheleuten in Gang. Sie demonstriert ihren Geiz und ihre Sturheit, aber auch ihre spielerische Natur.

Zwei Wanderer suchen um Mitternacht Zuflucht. Sie finden ein dunkles, unbewohntes Haus vor und beschließen, sich an den Vorräten der Eheleute zu bedienen, da diese schweigen. Sie trinken Schnaps und essen vom Pudding. Als einer der Wanderer schließlich sagt, wie trocken sein Hals sei und nach Schnaps sucht, platzt Gutmann heraus und fordert die Wanderer auf, für den Schnaps zu bezahlen.

Gutmanns Ausbruch bricht die Stille und löst die Wette aus. Gutweib triumphiert, da ihr Mann das erste Wort gesprochen hat. Sie fordert ihn auf, die Tür zu verriegeln, und beweist somit, dass die Ehefrau diejenige ist, die die Zügel in der Hand hält. Das Gedicht endet mit einem humorvollen Twist, der die Rolle der Frau als schlagfertig und überlegen darstellt, während der Mann als Geizkragen entlarvt wird.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.