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Die Schwaben im Winkel

Von

„Die süddeutschen Dichter, welche im schwäbischen Winkel sitzen.“
Deutscher Kritiker
.

Kommt her, die ihr mit feinen Witzen,
Mit Nadelspitzen euch bewehrt!
Die Schwaben, „die im Winkel sitzen,“
Erwarten euch am frommen Herd!

Kennt ihr auch wohl den schnöden Winkel,
Das düstre Haus, das uns umzirkt? –
Smaragdnes Weinlaub, goldner Dinkel
Hat Wand und Estrich ihm durchwirkt.

Und wenn der Flocken trüb Gewimmel
Noch lang verfinstert eure Luft,
Spannt schon ein frühlingsblauer Himmel
Sein Dach aus über Blütenduft.

Die Donau spielt auf unsrer Schwelle,
Der Jüngling Rhein träumt schon vom Strand;
Der Dichtung volle Wunderquelle
Schießt auf und eilt ins deutsche Land.

Stromgötter tauchen aus den Fluten,
Der Sänger und der Seher naht,
Im Munde Klang, im Auge Gluten;
Nicht Winkelzüge sind sein Pfad:

Hier Schiller, mit der Donnerstirne,
Durch dessen Wort das Schicksal braust –
Er stieß das Puppenvolk am Zwirne
Von eurer Szene mit der Faust;

Dort Hölderlin – zu breiter Mündung
Er, Pindars Bruderstrom, entwallt;
Hier Schelling, dessen Lichtverkündung
Dem dunklen Ungrund gab Gestalt;

Dort Uhland – sein Gemüt versunken
In tiefer Zeiten heil’ges Lied –
Ein Schwan, des Ton, gehöhnt von Unken,
Hoch über Land und Meere zieht.

Aus diesem Winkel schritt auch Hegel,
Verdeckter Blöße stolzer Schild,
Von dessen Blut manch dürft’ger Egel,
Für Augenblicke trunken, schwillt.

Nicht spotten sollt ihr unsres Strebens:
Auch unser Strahl entsprang dem Quell,
Dem keuschen Born des Dichterlebens,
Und lauter will er bleiben, hell.

Den weiten Erdkreis füllt Gemeinheit,
Groß war sie, frech, zu jeder Zeit;
Das Gute bleibt an Zahl die Kleinheit,
Und ihr, ihr scheltet’s „Kleinlichkeit?“

Heißt kleinlich der euch, der die Gruben
Unsaubern Lügentrödels scheut,
Nicht seine Hand dem Lotterbuben,
Dem feilen Museheuchler beut?

So mag, wer will, im Sumpfe spritzen
Bei aller Frösche grüner Brut;
Wir Schwaben, „die im Winkel sitzen,“
Wir tauchen uns in reine Flut;

Wir schwingen uns, wie unsre Seher,
Die Adler, auf zu Sonn‘ und Blitz;
Werft uns ins Blaue nach, ihr Schmäher,
Den Distelblumenstaub, als Witz!

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Die Schwaben im Winkel von Gustav Schwab

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die Schwaben im Winkel“ von Gustav Schwab ist eine leidenschaftliche Verteidigung der süddeutschen Dichter, die von norddeutschen Kritikern als provinziell verspottet wurden. Schwab antwortet auf diese Vorwürfe, indem er mit Stolz die kulturelle und geistige Größe seiner Heimat und ihrer bedeutendsten Vertreter hervorhebt.

Er beginnt mit einem ironischen Aufruf an die Kritiker und beschreibt den angeblichen „Winkel“ nicht als engen, düsteren Ort, sondern als blühende, lebensspendende Landschaft, erfüllt von Natur und Kultur. Das Bild des „smaragdenen Weinlaubs“ und des „goldnen Dinkels“ setzt eine positive, fast paradiesische Szenerie gegen die Verachtung der Kritiker. Diese Gegenüberstellung verdeutlicht, dass wahre Größe nicht von geographischer Weite, sondern von geistiger Tiefe abhängt.

Im Hauptteil nennt Schwab berühmte schwäbische Persönlichkeiten wie Schiller, Hölderlin, Schelling, Uhland und Hegel und stellt sie als leuchtende Beispiele dichterischer und philosophischer Größe vor. Ihre Leistungen werden als Quellen reiner Inspiration dargestellt, fern von den „Winkelzügen“ und „Lügentrödlern“, die Schwab den oberflächlichen Literaten und Kritikern gegenüberstellt. Die Namensnennungen und kurzen Charakterisierungen dieser Geistesgrößen verleihen dem Gedicht eine feierliche Würde.

Am Ende wehrt sich Schwab gegen den Vorwurf der „Kleinlichkeit“ und verteidigt das Streben nach Wahrhaftigkeit und Reinheit. Die Schwaben, so seine Botschaft, mögen zurückgezogen erscheinen, doch sie schöpfen aus reinen Quellen und streben nach wahrer geistiger Höhe, im Gegensatz zu einer breiten Masse, die sich von Oberflächlichkeit und Gemeinheit treiben lässt. Möchtest du noch eine kurze Zusammenfassung, welche Rolle Patriotismus in diesem Gedicht spielt?

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.