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Geflüster der Nacht

Von

Es ist ein Flüstern in der Nacht,
Es hat mich ganz um den Schlaf gebracht;
Ich fühl′s, es will sich was verkünden
Und kann den Weg nicht zu mir finden.

Sind′s Liebesworte, vertrauet dem Wind,
Die unterwegs verwehet sind?
Oder ist′s Unheil aus künftigen Tagen,
Da emsig drängt sich anzusagen?

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Gedicht: Geflüster der Nacht von Theodor Storm

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Geflüster der Nacht“ von Theodor Storm beschäftigt sich mit der geheimnisvollen und beunruhigenden Erfahrung des menschlichen Empfindens in der Nacht, wenn die äußeren Reize nachlassen und das Innere besonders empfänglich ist für unerklärliche Botschaften. Die Nacht wird hier zu einem Medium, durch das etwas Ungenanntes, ein „Flüstern“, an den Dichter herantritt und ihn in seiner Ruhe stört. Die Verwendung des Wortes „Flüstern“ deutet auf etwas Verborgeneres und Unausgesprochenes hin, das sich der direkten Erkenntnis entzieht und stattdessen eine Atmosphäre der Ungewissheit schafft.

Die zentrale Frage des Gedichts ist die nach der Natur dieses Flüsterns. Der Dichter spekuliert über dessen Ursprung, indem er zwei mögliche Interpretationen anbietet. Die erste Interpretation vermutet, dass es sich um „Liebesworte“ handelt, die jedoch durch den Wind verweht wurden, also verloren gegangen sind oder nicht den Adressaten erreichten. Diese Vorstellung spiegelt die Vergänglichkeit und Flüchtigkeit von Liebe wider, die leicht dem Lauf der Natur und der Ungunst der Umstände zum Opfer fallen kann. Die zweite Möglichkeit ist düsterer: Das Flüstern könnte „Unheil aus künftigen Tagen“ ankündigen, also eine Vorahnung von Unglück oder Leid. Diese Option verleiht dem Gedicht eine dunklere Note und verstärkt das Gefühl der Beunruhigung, da die Zukunft als Quelle von Bedrohung dargestellt wird.

Der Reiz des Gedichts liegt in seiner offenen Struktur und den Ambivalenzen. Der Dichter gibt keine endgültige Antwort, sondern lässt die Frage nach dem Ursprung des Flüsterns offen, wodurch das Gedicht eine beunruhigende Spannung aufbaut. Die einfache Sprache und die klaren Reime unterstützen die Intention, eine unmittelbare Atmosphäre der Unruhe zu erzeugen, welche die menschliche Erfahrung von Unwissen und Angst vor dem Unbekannten thematisiert. Durch die Verbindung von Natur (Wind) und menschlichen Emotionen (Liebe, Unglück) schafft Storm eine vielschichtige Auseinandersetzung mit dem Wesen des Lebens und des Todes.

Die Nacht, als Kulisse des Gedichts, verstärkt die Wirkung. Die Dunkelheit und Stille begünstigen das Empfinden von verborgenen Kräften und unerklärlichen Botschaften. Der Dichter ist nicht nur Zuhörer, sondern auch ein empfindsames Subjekt, das auf die subtilen Signale der Welt reagiert. Durch diese Konstellation gelingt es Theodor Storm, ein Gefühl des Geheimnisvollen zu erzeugen und den Leser in die Welt der Ängste und Hoffnungen einzuführen, die uns in stillen Momenten begleiten.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.