Einst wurden Fuchs und Pferd,
warum, das weiß ich nicht, auch hat es mich verdrossen,
denn mir sind beide Tiere wert,
in einen Käficht eingeschlossen.
Das Pferd fing weidlich an zu treten
für Ungeduld und trat
den armen Rein’ke Fuchs, der nichts an Füßen hat.
„Das nun hätt’ ich mir wohl verbeten,
tret’ Er mich nicht, Herr Pferd! ich will Ihn auch nicht treten.“
Fuchs und Pferd
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Fuchs und Pferd“ von Matthias Claudius zeichnet sich durch seine einfache Sprache und die beiläufige Erzählweise aus, die den Leser unmittelbar in die Situation hineinzieht. Der Autor beginnt mit einer rätselhaften Feststellung, die den Anstoß für die anschließende Szene liefert: Fuchs und Pferd sind in einem Käfig eingesperrt. Die Motivation dahinter bleibt im Dunkeln, was die Neugier des Lesers weckt und zugleich die Absurdität der Situation unterstreicht. Die anfängliche Aussage, dass der Autor beide Tiere schätzt, deutet auf eine gewisse Distanzierung von der möglichen moralischen Bewertung des Geschehens hin.
Die eigentliche Handlung entfaltet sich durch die Interaktion der beiden Tiere. Das Pferd, getrieben von Ungeduld, beginnt zu treten, was auf seine Unbeherrschtheit und seinen Freiheitsdrang hindeutet. Der Fuchs, der durch seine Natur ohnehin benachteiligt ist, wird zum Opfer dieser ungerechten Behandlung. Bemerkenswert ist die Reaktion des Fuchses, der sich beschwert und betont, dass er selbst keine Absicht hat, das Pferd zu verletzen. Dies offenbart die unterschiedlichen Charaktere: Das Pferd handelt impulsiv und ungezügelt, während der Fuchs trotz seiner misslichen Lage versucht, einen gewissen Anstand zu wahren.
Die Verwendung von Archaismen wie „weidlich“ (für „heftig“) und der direkte Dialogstil verleihen dem Gedicht eine gewisse Altertümlichkeit, die zur Charakterisierung der Tiere und zur Atmosphäre des Gedichts beiträgt. Die Kürze des Gedichts und die einfache Struktur verstärken die Direktheit der Botschaft. Die Frage nach dem „Warum“ der Einsperrung bleibt offen, was das Gedicht zu einer Art Allegorie macht, in der die Charaktere symbolisch für bestimmte menschliche Eigenschaften oder soziale Situationen stehen können.
Die eigentliche Aussage des Gedichts liegt in der Darstellung von Ungerechtigkeit und dem daraus resultierenden Konflikt. Der Fuchs, der das Opfer ist, spricht die Ungerechtigkeit an und fordert das Pferd auf, ihn nicht zu treten. Dies kann als Kritik an Machtmissbrauch und willkürlichem Handeln interpretiert werden. Claudius appelliert hier an das Verständnis und die gegenseitige Achtung. Die scheinbar harmlose Geschichte entfaltet sich als ein Plädoyer für Fairness und Empathie im Umgang miteinander.
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Lizenz und Verwendung
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