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Kölnisches Volkslied

Von

Der Preuß‘ der ist ein Lotterbub,
Sagt er so – zu Köln am Rheine
Saßen da drei Bauern
In grüner Gartenlauben
Auf der Bank zu Weine.
Er hat des Geldes nie genug,
Ich wollt er krieg‘ die Kränke,
Muß hoch am Galgen hängen.

Der Bohnenfarz mit seiner List,
Sagt er so – zu Köln am Rheine
Saßen da drei Bauern
In grüner Gartenlauben
Auf der Bank zu Weine.
Hat sie all‘ in seinem Strick,
Zahlt er hie, zahlt er da,
Findet Schelmen überall.

Der Ruß‘ der ist mir auch ein Geck,
Sagt er so – zu Köln am Rheine
Saßen da drei Bauern
In grüner Gartenlauben
Auf der Bank zu Weine.
O was kriegt‘ der da für Schläg‘,
Ich wollt‘ er hätt‘ noch mehr gekriegt,
Tanzt er da, ist gar kein Russe nicht.

Ja, unser Kaiser ist geschlagen,
Sagt er so – zu Köln am Rheine
Saßen da drei Bauern
In grüner Gartenlauben
Auf der Bank zu Weine.
Das müssen wir Kölner alle klagen,
Gott woll‘ ihn ewig stärken,
Ihm das Röm’sche Reich wieder unterwerfen.

Soll nur die Stadt Köln bestahn,
Sagt er so – zu Köln am Rheine
Saßen da drei Bauern
In grüner Gartenlauben
Auf der Bank zu Weine,
Mögen sie alle zum Teufel gahn,
Doch der Franzos‘ zu allererst,
Daß der in der Höll‘ gebraten werd‘!

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Gedicht: Kölnisches Volkslied von Friedrich Schlegel

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Kölnisches Volkslied“ von Friedrich Schlegel ist ein satirisch-volkstümlicher Text, der in Form eines fiktiven Trinkliedes politische Stimmungen zur Zeit der Napoleonischen Kriege widerspiegelt. Es ist weniger ein lyrisches Kunstwerk im engeren Sinn, sondern eher eine ironische Nachbildung volkstümlicher Redeweise und Stammtischpolitik, geprägt von deutlicher Parteilichkeit, Polemik und drastischer Sprache.

Formal ist das Gedicht streng repetitiv aufgebaut: Jede Strophe beginnt mit einer Aussage eines der fiktiven Bauern und wiederholt danach ein Refrainmotiv: „Sagt er so – zu Köln am Rheine / Saßen da drei Bauern / In grüner Gartenlauben / Auf der Bank zu Weine.“ Diese Wiederholung gibt dem Text einen gesungenen, fast liedhaften Charakter und verleiht ihm einen humorvoll-lapsigen Tonfall. Die vermeintliche Einfachheit der Struktur kontrastiert mit dem politischen Ernst des Gesagten.

Inhaltlich nimmt das Gedicht in jeder Strophe ein anderes Feindbild aufs Korn: Preuße, Österreicher („Bohnenfarz“), Russe und schließlich der „Franzos’“ als Hauptgegner. Diese ethnischen und nationalen Typisierungen werden mit derber Sprache kommentiert – etwa als „Lotterbub“, „Geck“ oder „Schelme“. Dahinter steht eine Mischung aus Ressentiment, Spott und volkstümlicher Wut über die politische Lage der Zeit. Die Kölner Bauernstimmen dienen als Sprachrohr einer regional geprägten, anti-französischen Haltung, die sich nach der Niederlage des „Kaisers“ (gemeint ist vermutlich Franz II.) nach Rache und Wiederherstellung der alten Ordnung sehnt.

Zugleich enthält das Gedicht eine ironische Brechung: Die Stimme des Volkes ist hier nicht idealisiert, sondern zeigt sich grob, widersprüchlich und von Vorurteilen geprägt. Schlegel entwirft damit ein Porträt politischer Meinung im Alltagsmilieu – nicht belehrend oder analytisch, sondern als sarkastische Beobachtung. Die satirische Schärfe des Gedichts richtet sich sowohl gegen die äußeren Feinde als auch gegen die naiv-selbstgerechte Weltsicht der Sprecher.

„Kölnisches Volkslied“ ist somit ein zeitbezogener, literarisch einfach gehaltener Text, der aber durch Ironie und satirischen Ton eine tiefere gesellschaftliche Deutungsebene eröffnet. Es reflektiert auf eigene Weise die Zerrissenheit der Zeit, die Unsicherheit über politische Zugehörigkeit und den Wunsch nach Stabilität, wobei es mehr beobachtet als bewertet.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.