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Die sieben Hügel

Von

Auf grüner grüner Haide
Stehn sieben Hügelein.
Es flüstern Wind‘ im schaurigen Thal,
Es tanzen Elfen auf mondlichem Strahl.
Singt, Mädlein, auf grüner Haide,
Singt: „Leide! Leide! Leide!“

Im tiefen Wiesengrunde
Glänzt fern ein Weiher hell.
Es klagen Unken aus tiefem Moor,
Es steigen Gebilde so dunstig empor.
Singt, Mädlein, auf grüner Haide,
Singt: „Leide! Leide! Leide!“

Hier war vor grauen Jahren
Ein König, reich und groß.
Er war gezogen in Krieg und Schlacht,
Hatt‘ nicht der sieben Töchterlein dacht.
Singt, Mädlein, auf grüner Haide,
Singt: „Leide! Leide! Leide!“

Die sieben Jungfraun wallten
Im hohen Buchenhain.
Es rauschte das Meer mit nichtigem Schaum,
Es sauste der Sturm im luftigen Baum.
Singt, Mädlein, auf grüner Haide,
Singt: „Leide! Leide! Leide!“

Es schwellen weiße Segel
Vom Kullafelsen her.
Ach! Starno kommt, der wilde Held!
O König! Wie hast du dein Haus bestellt?
Singt, Mädlein, auf grüner Haide,
Singt: „Leide! Leide! Leide!“

Ans weiße Sandgestade
Steigt schnell das Kriegesheer.
Die Jungfraun fliehen Berg ab und an,
Verfolgt von Reiter, von Roß und Mann.
Singt, Mädlein, auf grüner Haide,
Singt: „Leide! Leide! Leide!“

„Wir sahn euch schnell und sicher,
Ihr weißen Vögelein,
Zu Spott und Hohn; wir fangen euch aus;
Der Vater kann finden das leere Haus!“
Singt, Mädlein, auf grüner Haide,
Singt: „Leide! Leide! Leide!“

Wie Blätter vor dem Sturme,
Entflohn die Mägdelein;
Doch dicht am wehenden Schleierlein
Verfolgten die Reiter sie hinterdrein.
Singt, Mädlein, auf grüner Haide,
Singt: „Leide! Leide! Leide!“

Da glänzt im Abendstrahle
Der kühle Weiher hell;
Drein hüpfen die Mägdlein leicht und schön,
Und wurden nimmermehr gesehn.
Singt, Mädlein, auf grüner Haide,
Singt: „Leide! Leide! Leide!“

Auf grüner grüner Haide
Stehn sieben Hügelein.
Dort ruh’n die Jungfraun im kühlen Moos,
Dort klagen die Vöglein im Maigesproß.
Singt, Mädlein, auf grüner Haide,
Singt: „Leide! Leide! Leide!“

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Gedicht: Die sieben Hügel von Friederike Sophie Christiane Brun

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Die sieben Hügel“ von Friederike Sophie Christiane Brun ist eine balladenhafte Erzählung, die Naturidylle, Sagenmotiv und tragische Schicksalsdichtung miteinander verbindet. Es erzählt die Legende von sieben Jungfrauen, die auf der Flucht vor feindlichen Kriegern in einen Weiher springen und nie wieder gesehen werden. Formal ist das Gedicht durch den Refrain „Singt, Mädlein, auf grüner Haide, / Singt: ‚Leide! Leide! Leide!‘“ strukturiert, der jede Strophe abschließt und das zentrale Motiv von Trauer und Schicksalsschwere verstärkt.

In den ersten beiden Strophen wird die Szenerie aufgebaut: eine grüne Haide, sieben kleine Hügel, Elfen und unheimliche Geräusche – die Landschaft wirkt gleichzeitig märchenhaft und geheimnisvoll. Der Weiher, das Moor, flüsternde Winde und dunstige Gestalten erzeugen eine mystische, fast geisterhafte Atmosphäre. Diese Stimmung kündigt bereits Unheil an und rahmt das Geschehen als legendenhafte Erinnerung ein.

Die folgenden Strophen erzählen eine Geschichte aus alter Zeit: Ein mächtiger König zieht in den Krieg und lässt seine sieben Töchter ungeschützt zurück. Dies macht sie zur leichten Beute für einen feindlichen Heerführer namens Starno. Die dramatische Zuspitzung erfolgt, als die Jungfrauen vor dem herannahenden Kriegsheer fliehen, doch letztlich keine Rettung finden. Ihre Verfolger wollen sie einfangen „zu Spott und Hohn“ – ein Hinweis auf drohende Gewalt.

Im Höhepunkt der Erzählung stürzen sich die Mädchen in ihrer Verzweiflung in den Weiher, um dem Zugriff der Feinde zu entgehen. Ihr Tod wird nicht direkt beschrieben, sondern bleibt in einer Art geheimnisvoller Schwebe: „Und wurden nimmermehr gesehn.“ Damit erhält ihr Schicksal eine tragisch-mythologische Dimension. Aus der Opferung entsteht Legende, aus dem Weiher ein Ort des Gedenkens.

In der Schlussstrophe schließt sich der Kreis: Die sieben Hügel auf der Haide werden als Grabstätten der Jungfrauen gedeutet. Die Natur – das Moos, die Vögel, der Maigesang – trägt die Erinnerung weiter, die von der wiederholten Klage im Refrain untermalt wird. Das Gedicht verbindet auf eindrucksvolle Weise Naturbild, Erzählung und emotionale Tiefe. Es ist ein Klagelied über verlorene Unschuld, Gewalt und Erinnerung – getragen von der Melancholie einer alten Sage, die in der Landschaft weiterlebt.

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Lizenz und Verwendung

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