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Frauenhand

Von

Ich weiß es wohl, kein klagend Wort
Wird über deine Lippen gehen;
Doch, was so sanft dein Mund verschweigt,
Muß deine blasse Hand gestehen.

Die Hand, an der mein Auge hängt,
Zeigt jenen feinen Zug der Schmerzen,
Und daß in schlummerloser Nacht
Sie lag auf einem kranken Herzen.

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Gedicht: Frauenhand von Theodor Storm

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Frauenhand“ von Theodor Storm ist eine kurze, eindringliche Beschreibung der stillen Trauer und des Leids, das in einer Frau verborgen liegt. Das lyrische Ich richtet seinen Blick auf die Hand der Frau und deutet anhand ihrer Erscheinung auf das innere Befinden der Frau, das sich in Schweigen hüllt, wird aber durch die physische Erscheinung der Hand verraten. Es ist ein Gedicht der Beobachtung und der subtilen Interpretation, welches mehr durch das Ungesagte als durch das Gesagte wirkt.

Der erste Vers etabliert direkt das zentrale Thema: das Schweigen der Frau und die daraus resultierende Erkenntnis durch nonverbale Zeichen. Der Dichter erkennt, dass die Frau ihre Gefühle nicht in Worten ausdrücken wird, doch die „blasse Hand“ wird zum Ausdruck des Leids. Diese Antithese – das Schweigen des Mundes und die „Geste“ der Hand – erzeugt eine Spannung und lenkt die Aufmerksamkeit des Lesers auf die Details, die mehr über das Innenleben der Frau verraten. Die Wortwahl „klagend Wort“ deutet auf ein tiefes, möglicherweise schmerzhaftes Erlebnis hin, das die Frau lieber verbergen möchte.

Die zweite Strophe vertieft die Interpretation der Hand als Spiegelbild der Seele. Das lyrische Ich „hängt“ sein Auge an der Hand, was eine intensive und intime Beobachtung impliziert. Die „feinen Züge der Schmerzen“ werden sichtbar, was auf eine tiefe emotionale Belastung hinweist. Die Metapher von der „schlummerlosen Nacht“ in Verbindung mit dem „kranken Herzen“ verstärkt das Bild von Leiden und innerem Aufruhr. Es suggeriert eine Zeit großer Not, in der die Frau nicht zur Ruhe kommt und in ihrem Kummer gefangen ist. Die Hand wird so zum Symbol für die Last des Lebens und die unausgesprochene Qual.

Das Gedicht ist in seiner Einfachheit äußerst wirkungsvoll. Die schlichte Sprache, die Verwendung von Reimen und die klare Struktur verleihen ihm eine besondere Tiefe. Storm konzentriert sich auf wenige, aber aussagekräftige Details, um eine komplexe emotionale Situation darzustellen. Es ist ein Gedicht über die Kunst, aus der Beobachtung von Äußerlichkeiten auf innere Zustände zu schließen – eine stille Auseinandersetzung mit Schmerz, Trauer und dem Versuch, die verborgene Gefühlswelt eines anderen Menschen zu verstehen. Die „Frauenhand“ wird so zu einem eindringlichen Symbol für das Unausgesprochene, die menschliche Verletzlichkeit und die subtile Kunst der Empathie.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.