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Erstarrung

Von

Ich such im Schnee vergebens
Nach ihrer Tritte Spur,
Hier, wo wir oft gewandelt
Selbander durch die Flur.

Ich will den Boden küssen,
durchdringen Eis und Schnee
Mit meinen heißen Thränen,
Bis ich die Erde seh.

Wo find ich eine Blüthe
Wo find ich grünes Gras?
Die Blumen sind erstorben,
Der Rasen sieht so blaß.

Soll denn kein Angedenken
Ich nehmen mit von hier?
Wenn meine Schmerzen schweigen,
Wer sagt mir dann von ihr?

Mein Herz ist wie erstorben,
Kalt starrt ihr Bild darin:
Schmilzt je das Herz mir wieder,
Fließt auch das Bild dahin

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Gedicht: Erstarrung von Wilhelm Müller

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Erstarrung“ von Wilhelm Müller ist ein ergreifender Ausdruck der Trauer und des Verlusts, der sich in einer winterlichen Landschaft widerspiegelt. Das lyrische Ich befindet sich in einer trostlosen, erstarrten Umgebung, die symbolisch für seinen emotionalen Zustand steht. Die Suche nach den Spuren der Geliebten im Schnee und die Sehnsucht nach Zeichen des Lebens, wie blühenden Blumen und grünem Gras, unterstreichen die Hoffnungslosigkeit und die tiefe Verzweiflung, die den Sprecher beherrschen.

Die Struktur des Gedichts spiegelt die fortschreitende Erstarrung wider. Die ersten beiden Strophen beschreiben die äußere Umgebung und das vergehende Suchen nach der Geliebten. Die Kälte des Schnees und des Eises, die vergeblich durchbrochen werden soll, korrespondiert mit der inneren Kälte und dem Schmerz des lyrischen Ichs. Die dritte Strophe verstärkt diesen Eindruck durch die Beschreibung der toten Blumen und des blassen Grases, welche die Vergänglichkeit und den Verlust der einstigen Schönheit versinnbildlichen. Die Frage, ob es überhaupt eine Erinnerung gibt, die den Sprecher an sie erinnert, verdeutlicht die Angst vor dem Vergessen und der völligen Leere.

In den letzten beiden Strophen kulminiert die innere Erstarrung. Das Herz des Sprechers wird mit einem erstorbenen Zustand verglichen, in dem das Bild der Geliebten kalt erstarrt. Die Hoffnung auf eine mögliche Wiederbelebung des Herzens und das Schmelzen des Bildes, die nur in der Frage nach der Erinnerung an die Geliebte in den vorherigen Strophen aufblitze, werden zum Ausdruck des Wunsches nach Erlösung von den Schmerzen. Der Konflikt zwischen dem Festhalten an dem Bild der Geliebten und dem Wunsch nach Befreiung von dem Schmerz und der Erstarrung wird deutlich.

Die Verwendung von einfachen, klaren Bildern und einer direkten Sprache verstärkt die Intensität der Gefühle und macht das Gedicht für den Leser unmittelbar zugänglich. Die Metaphern von Eis, Schnee, Blumen und Gras dienen als wirkungsvolle Ausdrucksmittel für die innere Leere, die Trauer und die Sehnsucht des lyrischen Ichs. Das Gedicht endet offen, wobei die Frage nach dem Schmelzen des Herzens und des Bildes der Geliebten Raum für verschiedene Interpretationen lässt, die jedoch immer auf die Thematik des Schmerzes, der Trauer und des Verlusts zurückzuführen sind.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.