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Ermunterung

Von

Auf, mein Geist, in freie Luft
Aus dem Angstgedränge!
Diese dunkle Todtengruft
Ist dir viel zu enge!
Du bist frei!
Sklaverei,
Kerker, Zwang und Bande
Sind des Geistes Schande.

Eines Christen Geist durchdringt
Dicke Felsenquader;
Fessellos und leicht geschwingt
Hebt er sich zum Vater.
Gottes Hauch
Bist du auch!
Soll Jehovah′s Hauchen
Hier in Angst verrauchen?

Sieh das blaue Sternenfeld
Wogigt um dich fliessen;
Sieh den Mond, und sieh die Welt
Unter deinen Füßen.
Sieh das Licht!
Funkeln nicht
Deines Gottes Wunder
Ueberall herunter?

Sieh die ungeheure Zahl:
Thiere, Seelen, Geister
Stehn, und preisen überall
Ihren Gott und Meister.
Staub und Stern
Singt dem Herrn;
Seele kannst du schweigen
Unter so viel Zeugen?

Schwache Seele, willst du nur
Mit dem Schöpfer zanken?
Heb dich über die Natur,
Lern für′s Elend danken,
Unter Zucht
Wächst die Frucht,
Reift der Geist zu Freuden
Wahrer Seligkeiten.

Siehst du am krystallnen Meer,
Dort die Schaar der Frommen?
Aus der großen Drangsal her
Ist die Schaar gekommen?
O wie preist
Nun ihr Geist
Gott für kurze Plagen,
Die sie hier getragen.

Drum, mein Geist, laß keine Noth
Dich zur Kleinmuth bringen;
Sey nur treu bis in den Tod,
Dann wird dir′s gelingen,
Daß du noch
Christi Joch
Sanft und rettend heissest,
Und den Vater preisest.

Gedicht als Bild, zum Downloaden und Teilen

Gedicht: Ermunterung von Christian Friedrich Daniel Schubart

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Ermunterung“ von Christian Friedrich Daniel Schubart ist eine erbauliche Aufforderung an den Geist, sich von weltlichen Sorgen zu befreien und sich auf die göttliche Natur und die Hoffnung auf ewiges Leben zu konzentrieren. Das Gedicht beginnt mit einem Aufruf, die „Angstgedränge“ und die „dunkle Todtengruft“ zu verlassen, welche symbolisch für die irdischen Beschwernisse und Begrenzungen stehen. Der Autor betont die Freiheit des Geistes, die über Zwänge und Fesseln hinausgeht, und hebt hervor, dass die Sklaverei, der Kerker, der Zwang und die Bande „des Geistes Schande“ sind. Damit positioniert Schubart den Geist als ein Wesen, das von Natur aus frei und ungebunden ist.

Im weiteren Verlauf des Gedichts wird der Geist ermutigt, die Schönheit und Erhabenheit der Schöpfung zu betrachten, um Trost und Inspiration zu finden. Die Verse beschreiben das „blaue Sternenfeld“, den „Mond“ und die „Welt unter deinen Füßen“. Die omnipräsente Präsenz Gottes wird durch die „ungeheure Zahl“ von Tieren, Seelen und Geistern dargestellt, die Gott lobpreisen. Diese Zeugnisse der göttlichen Größe sollen den Geist dazu anregen, seine eigene, begrenzte Perspektive zu überwinden und sich der universellen Harmonie und dem Lobpreis anzuschließen. Die Aufforderung „Seele kannst du schweigen / Unter so viel Zeugen?“ verdeutlicht die Dringlichkeit der göttlichen Anerkennung.

Ein zentrales Thema des Gedichts ist die Akzeptanz des Leids als Weg zur spirituellen Reife. Schubart betont die Wichtigkeit, „für’s Elend [zu] danken“ und sich der „Zucht“ zu unterwerfen, da dies die „Frucht“ wachsen und den Geist „zu Freuden / Wahrer Seligkeiten“ reifen lässt. Das Gedicht thematisiert die christliche Vorstellung, dass Leid ein notwendiger Bestandteil des Lebens ist, der den Gläubigen auf dem Weg zur Erlösung stärkt und auf die ewige Freude im Himmel vorbereitet. Das Beispiel der „Schar der Frommen“ am „krystallnen Meer“ zeigt, dass durch die Überwindung der „großen Drangsal“ letztendlich die ewige Seligkeit erreicht wird.

Die abschließenden Strophen beinhalten eine Ermutigung zur Standhaftigkeit und Treue gegenüber dem Glauben, selbst angesichts von Not und Leid. Der Geist wird dazu aufgefordert, sich nicht durch „Kleinmuth“ entmutigen zu lassen, sondern „treu bis in den Tod“ zu sein. Diese Entschlossenheit führt zu der Verheißung, dass der Geist „Christi Joch / Sanft und rettend“ heißen wird und letztendlich den Vater preisen kann. Die Botschaft ist klar: Der Weg zum ewigen Leben führt durch Leid, Glaube und Beständigkeit. Die Hoffnung auf die Erlösung und die Freude im Jenseits sollen als Antrieb für die Überwindung irdischer Schwierigkeiten dienen.

Weitere Informationen

Hier finden sich noch weitere Informationen zu diesem Gedicht und der Seite.

Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.