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Einschränkung

Von

Ich weiß nicht, was mir hier gefällt,
In dieser engen, kleinen Welt
Mit holdem Zauberband mich hält?
Vergeß′ ich doch, vergeß′ ich gern,
Wie seltsam mich das Schicksal leitet;
Und ach, ich fühle, nah und fern
Ist mir noch manches zubereitet.
O wäre doch das rechte Maß getroffen!
Was bleibt mir nun, als, eingehüllt,
Von holder Lebenskraft erfüllt,
In stiller Gegenwart die Zukunft zu erhoffen!

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Gedicht: Einschränkung von Johann Wolfgang von Goethe

Kurze Interpretation des Gedichts

Das Gedicht „Einschränkung“ von Johann Wolfgang von Goethe thematisiert die Erfahrung des Dichters, der sich in einer begrenzten, doch reizvollen Welt gefangen fühlt. Es beginnt mit einer Frage nach dem Reiz, der diese „enge, kleine Welt“ für ihn so anziehend macht, und drückt ein Gefühl der Geborgenheit aus, das durch ein „holdes Zauberband“ erzeugt wird. Gleichzeitig scheint er die Enge und die Einschränkung dieser Welt zu spüren, was seinen Wunsch nach größerer Freiheit und Entfaltung deutlich macht. Die ersten Strophen sind geprägt von einer Ambivalenz zwischen dem Gefühl des Eingeschlossenseins und der Schönheit der Gegenwart, was die Komplexität der menschlichen Existenz widerspiegelt.

Der zweite Teil des Gedichts enthüllt die innere Zerrissenheit des Sprechers. Er vergisst „gern“, wie das Schicksal ihn leitet, was auf eine gewisse Resignation und den Wunsch nach dem Vergessen von Sorgen und dem Unbekannten hindeutet. Gleichzeitig spürt er, dass ihm „noch manches zubereitet“ ist, was sowohl Hoffnung als auch eine Ahnung von zukünftigen Herausforderungen und Ungewissheiten impliziert. Diese Spannung zwischen dem Wunsch nach Ruhe und der Erwartung von Neuem erzeugt eine tiefe Melancholie, die das Gedicht durchzieht. Die Zeile „O wäre doch das rechte Maß getroffen!“ drückt den Wunsch nach Ausgewogenheit und Harmonie aus, nach einem Zustand, in dem die Grenzen der Welt nicht als Fessel, sondern als Rahmen für das Leben empfunden werden.

Die abschließenden Zeilen offenbaren eine Haltung der Akzeptanz und Hoffnung. Der Sprecher, „eingehüllt“ in die „holder Lebenskraft“, wählt die „stille Gegenwart“ als Zuflucht. Er entscheidet sich, die Zukunft in dieser Gegenwart zu erhoffen, was bedeutet, dass er sich der Beschränkungen bewusst ist, aber dennoch die Schönheit und die Möglichkeiten des gegenwärtigen Augenblicks würdigt. Diese Haltung ist nicht als bloße Resignation zu verstehen, sondern als eine aktive Entscheidung für das Leben, für die bewusste Wahrnehmung der Welt trotz ihrer Grenzen.

Goethes „Einschränkung“ ist ein tiefgründiges Gedicht über die menschliche Existenz und die Suche nach Sinn innerhalb der Grenzen des Lebens. Es fängt die Ambivalenz zwischen dem Verlangen nach Freiheit und der Sehnsucht nach Geborgenheit ein. Durch die Verwendung einfacher, aber eindringlicher Sprache und die Konzentration auf innere Gefühle und Gedanken gelingt es Goethe, eine universelle Erfahrung zu vermitteln, die bis heute Leserinnen und Leser anspricht. Das Gedicht ist eine Reflexion über die Akzeptanz der eigenen Lebensumstände und die Hoffnung auf eine positive Zukunft, die im gegenwärtigen Moment verankert ist.

Weitere Informationen

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Lizenz und Verwendung

Dieses Gedicht fällt unter die „public domain“ oder Gemeinfreiheit. Gemeinfreiheit bedeutet, dass ein Werk nicht (mehr) durch Urheberrechte geschützt ist und daher von allen ohne Erlaubnis des Urhebers frei genutzt, vervielfältigt und verbreitet werden darf. Sie tritt meist nach Ablauf der gesetzlichen Schutzfrist ein, z. B. 70 Jahre nach dem Tod des Autors. Weitere Informationen dazu finden sich hier.