Pfui / Pfui dich an du schnöde Welt /
du trübe Jammer=Schule /
du Störefried / du Kummerfeld /
du rechter Satans=Buhle!
fahr hin / fahr hin / ich lasse dich /
Gott / mein Erlöser fordert mich.
Fahr hin mit deiner stoltzen Pracht /
mit deinem geilen Hauffen /
wie schwerlich wirstu Gottes Macht /
und reiffem Zorn entlauffen /
Fahr immer hin / Gott ist bey mir /
mein bleiben ist nicht mehr bey dihr.
Wer ist / der in dir Ruhe find /
der Bässerung verspüret?
Gott Lob mich / als ein seeligs Kind /
die Allmacht Gottes führet /
da ich / entbürdet aller Last /
sol seyn ein wehrter Himmels=Gast.
Drümb schwinge / dringe dich empor /
du mein geplagtes Herze!
Auf / auf / gib keinem nicht das Ohr /
das Zagen macht und Schmerze!
wirf alles frey auß deinem Sinn /
was Welt und eitel ist / dahin.
Sieh da / des Jacobs Leiter steht
schon Himmelwerts erhoben /
das Englische Geleide geht /
und bringt die Post vohn droben:
Auf / auf / mit uns in schneller Frist /
der Zeiger außgelauffen ist.
Kein Noht noch Tod erschrecke dich /
kein böses lass dir träumen!
da Lottes Weib sah hinter sich /
mußt sie die Stette räumen:
drumb gehe frisch und frewdig fort
den engen Weg zuhr Himmels=Pfort.
Den harten Todes=Kampf tritt an /
du meine liebe Seele /
geh an die wehrte Himmels=bahn /
lass deines Cörpers Höle /
der wird gar bald zu seiner Zeit
dir nachzufolgen seyn bereit.
Ein Lied gegen Ihren Seel: Abschied
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Kurze Interpretation des Gedichts
Das Gedicht „Ein Lied gegen Ihren Seel: Abschied“ von Sibylla Schwarz ist eine leidenschaftliche Absage an die Welt und ein Aufruf zur Hinwendung zu Gott. Es ist ein Abschiedslied, das die Welt als Quelle von Leid und Kummer darstellt und die Seele ermutigt, sich von irdischen Sorgen zu befreien und nach dem ewigen Leben in Gottes Gegenwart zu streben. Die Dichtung spiegelt die tiefe Frömmigkeit und die Sehnsucht nach Erlösung wider, die für die Barockzeit charakteristisch sind.
Das Gedicht ist in mehrere Abschnitte unterteilt, die die Abkehr von der Welt und die Hinwendung zu Gott in unterschiedlichen Facetten beleuchten. Der erste Teil, in dem die Welt als „schnöde Welt“, „trübe Jammer=Schule“ und „Satans=Buhle“ bezeichnet wird, ist von einer deutlichen Ablehnung geprägt. Die Autorin verflucht die Welt und ihre „stoltze Pracht“ und ruft Gottes Gericht herauf. Die Wiederholung des Refrains „Fahr hin / fahr hin / ich lasse dich“ unterstreicht die Entschlossenheit, sich von der Welt zu lösen. Der zweite Teil beschreibt die innere Befreiung und die Gewissheit des Glaubens, wobei die Seele als „seeligs Kind“ betrachtet wird, das von Gott geführt wird. Die Allmacht Gottes wird als Quelle von Trost und Schutz dargestellt.
Der dritte Teil des Gedichts ist ein Aufruf zur inneren Stärke und zur Überwindung von Ängsten. Das Herz wird ermutigt, sich von weltlichen Sorgen zu befreien und sich auf die Hoffnung des Himmels zu konzentrieren. Das Bild der „Jacobs Leiter“ und der Engel, die „die Post vohn droben“ bringen, sind Metaphern für die Verbindung zwischen Himmel und Erde und für die unmittelbare Erwartung des Jenseits. Die Ermahnung, „den engen Weg zuhr Himmels=Pfort“ zu gehen, betont die Notwendigkeit eines tugendhaften Lebens, um in das Paradies einzugehen.
Das Gedicht gipfelt in der Darstellung des Todes als Übergang zum ewigen Leben. Der „harten Todes=Kampf“ wird als notwendiger Schritt zur Erlösung betrachtet, und die Seele wird ermutigt, furchtlos in den Tod zu gehen, um in die „wehrte Himmels=bahn“ einzutreten. Der Körper, die „Cörpers Höle“, wird als vergänglich dargestellt, während die Seele, die in Gottes Gegenwart eintritt, ewigen Bestand hat. Die Autorin tröstet sich mit dem Gedanken, dass auch der Körper in der richtigen Zeit folgen wird, was das Gedicht mit einer hoffnungsvollen Botschaft des Glaubens abschließt.
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